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Kinetismus - Wien entdeckt die Avantgarde: Immer in Bewegung

Der Kinetismus ist ziemlich sicher die erste, vielleicht die einzige Kunstrichtung der Moderne, deren wichtigste Vertreterinnen weiblich waren. Dass die von Monika Platzer und Ursula Storch kuratierte große Kinetismus-Retrospektive im Wien Museum trotzdem auch und gerade eine Franz-Cizek-Ausstellung ist, ist dennoch sehr zu begrüßen. Eigentlich ist es ja eher unsexy, einen Didakten der Frühmoderne museal zu würdigen. Den Anfang macht also eine Darstellung von Cizeks Tätigkeit an der Wiener Kunstgewerbeschule, vor allem anhand zahlreicher Schülerzeichnungen aus Cizeks Formenlehre und seinen legendären Kinder- und Jugendkunstklassen. Unglaubliche formale Präzision ist da zu entdecken, in Arbeiten von meist völlig unbekannten, oft anonymen Urhebern und Urheberinnen. Wer kennt heute noch Gerty Foges, Martha Zehetner oder Ilse Prassen? Neben zeichnerischen Figurationen von Zeitthemen wie Autolärm, Schnellzug oder Radiohören wurden kinetistische Kompositionen auch gern mal in Filz gesteppt, in Wolle geknüpft, in Pappe collagiert oder in Lobmeyr-Glas gepresst. Cizeks Klasse war nicht zuletzt aufgrund guter internationaler Öffentlichkeitsarbeit ein Hot Spot der postkubistischen Moderne. Marinetti, Kandinsky, van Doesburg schauten vorbei und ließen sich auf Erinnerungsfotos ablichten. Mitte der Zwanziger ging die Formensprache, abzulesen an den Fotos der Schulausstellungen, weg vom Expressiv-Kristallinen hin zum Konstruktiven. Da musste man sich die ganze Stadt wieder neu erarbeiten, klagte damals der unangefochtene Star des Kinetismus, Erika Giovanna Klien. Ihr "Klessheimer Sendbote", comicartige Briefe an die Wiener Freunde, erzählt von Kliens Lehrtätigkeit in Salzburg, der bald die Emigration nach New York folgte. Klien und andere Hauptfiguren wie Elisabeth Karlinsky und My Ullmann würdigt die Ausstellung ausführlich. Sie hielt der Kinetismus offenbar jung - fast alle erreichten biblische Alter von 90 Jahren oder mehr.
Mehr Texte von Iris Meder †

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Kinetismus - Wien entdeckt die Avantgarde
25.05 - 01.10.2006

Wien Museum
1040 Wien, Karlsplatz
Tel: +43 1 5058747-0, Fax: +43 1 5058747-7201
http://www.wienmuseum.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 09-18, Sa, So 10-18 h


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