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Wien war anders / August Stauda - Stadtfotograf um 1900: Verschattet

An der Peripherie von Städten - so sie halbwegs leicht erreichbar, eher grün als grau, schwach befahren ist - lässt es sich gut leben. Ein bisschen Land, ein bisschen Stadt, das schätzt man, als Nicht-Ganz-Urbaner. Vor hundert Jahren konnte man dieses Stadt-Land-Hybrid in fast jedem Wiener Gemeindebezirk haben, wie auf den Fotografien von August Stauda, "Stadtfotograf um 1900" im Wien Museum zu beobachten ist: Niedrige Häuser, die begrünte Höfe in sich bergen. Unbefestigte Straßen, Pferdefuhrwerke, Ziehbrunnen - und das in Mariahilf, Neubau oder der Josefstadt. Angesichts der Menge von Fotografien, die in der Ausstellung präsentiert werden (und das ist bloß ein Sechstel der rund 3000 Stück aus dem Besitz des Museums), gewinnt man von Wien um 1900 den Eindruck eines Konglomerats dörflicher Siedlungen. Das eigentlich Paradoxe daran ist aber, dass Stauda, bis dato der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt, von einem eifrigen Denkmalschützer beauftragt wurde, die Stadt zu "inventarisieren". Mit Hilfe von Staudas Fotos wollte man verhindern, dass das "echte Wien" demoliert und erneuert wurde. Aus heutiger Sicht scheint aber der Schuss nach hinten losgegangen zu sein: Schließlich sehen die Gebäude auf den Fotos genauso ärmlich aus wie ihre Bewohner - kaum zu glauben, dass die "Heimatschutzbewegung" diese Anti-Idyllen als das erhaltenswerte Wien begriff. Ebenso mögen andere Bilder von kleinen Läden, gründerzeitlichen Häusern und großangelegten Höfen - wie etwa dem Freihaus - heute charmant erscheinen. Dann entdeckt man aber, dass etwa an Stelle des Loos-Hauses ein fader Bau stand, und dort, wo heute die wunderschöne Fassade der Galerie Georg Kargl Blicke auf sich zieht, ein einstöckiges, unscheinbares Häuschen. Wie aufsehenerregend und wohl auch einschüchternd der Mann mit der Kamera auf seine Mitmenschen gewirkt haben muss, lässt sich in deren allesamt recht ernsthaften Gesichtern und in ihrer Art zu posieren lesen. So lässt sich die Ausstellung auf mehreren Ebenen lesen. Eine Frage stellt sich dennoch: Müssen Fotografien wirklich in schräg gestellten Vitrinen auf Hüfthöhe präsentiert werden? Noch dazu so, dass der eigene Schatten auf die Objekte fällt, wenn man näher kommt?
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Wien war anders / August Stauda - Stadtfotograf um 1900
26.04 - 27.08.2006

Wien Museum
1040 Wien, Karlsplatz
Tel: +43 1 5058747-0, Fax: +43 1 5058747-7201
http://www.wienmuseum.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 09-18, Sa, So 10-18 h


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