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Ein Fest für den Film

Dieses Jahr sei sie ihre eigene Programmkommission, verkündete Diagonale- Intendantin Birgit Flos vorweg bei der Pressekonferenz. Die Diagonale 06 sollte also programmmäßig ihre ganz ureigene sein. Nach allem, was letztes Jahr, als Flos noch als Teil eines Dreierteams werkte, an der Filmauswahl zu beanstanden war, machte das schon ein wenig neugierig. Und es ist eigentlich sehr schön geworden, gleich angefangen mit dem Eröffnungsfilm "No Name City", einer Doku von Florian Flicker über eine Westernstadt im Süden von Wien, bis zum ausgedehnten Kurz- und Experimentalfilmprogramm. Auch wenn in manchen Fällen das, was da vorne auf dem hellen Rechteck in der Finsternis im weitesten Sinn erzählt wurde, nicht immer für alle von großem Interesse war: Die vermittelnden Bilder waren fast stets betörend. Denkt man an in der Masse ihres derzeitigen Auftretens anstrengende Versuche, den Wirklichkeitsaspekt von Wirklichkeitsdarstellungen im Film durch betonte Kunstlosigkeit zu steigern, war es sehr angenehm, dieses Jahr fast ausnahmslos Filme mit künstlerischer Kameraarbeit im Programm zu haben. Die auf der Diagonale zum dritten Mal preisgekrönte Dokumentation "Babooska" über den Alltag einer Artistenfamilie bei einem Wanderzirkus bestach durch eine an Spielfilmszenen angelehnte Optik und hielt damit selbst Zuseher bei Laune, die dem Thema nicht so viel abgewinnen konnten. Nikolaus Geyrhalters neue Arbeit "Unser täglich Brot" überwältigte mit erlesenen Bildern aus den Produktionsprozessen unserer Nahrung, die, vom monotonen Rhythmus der Fließbanderzeugung konterkariert, eine enorme Aussagekraft entwickelten. Wunderbar auch die Bilder, die Dariusz Kowalski für Norbert Pfaffenbichlers spielfilmlangen Experimentalfilm "Notes on Film 02" zauberte. Mit "Notes on Film 02" ist ein zentrales Kunstwerk dieser Diagonale angesprochen. Pfaffenbichler erzählt darin in einer Art Spiralbewegung die Geschichte einer Paarbeziehung. Bei jeder Umkreisung werden sämtliche schon gezeigte Szenen wiederholt und jeweils eine kommt dazu. Innerhalb der Wiederholungen entwickeln einige Szenen ein Eigenleben. Mal ist die Musik fröhlicher oder nachdenklicher, mal ist der einzige Satz der Protagonistin, "Sprich mit mir", bittend, mal fordernd. Nicht nur, dass man trotz der vielen Wiederholungen seiner nicht müde wird. Zur Projektion auf der Leinwand entsteht mit der Zeit eine Art Film im Kopf als angewandte Theorie zum Werk. Als Werk, das die Möglichkeiten des Mediums so virtuos vorführt, ist "Notes on Film 02" wohl herausragend, aber prinzipiell kein Einzelfall auf der Diagonale 06: "No Name City", "Life in Loops", "Ich bin ich" hießen weitere Verdächtige. Vorsichtig möchte man im Vergleich zur letzen Ausgabe nicht nur von einer Renaissance des gestalteten Bildes, sondern auch des Filmischen sprechen. Man spürte eine Vorliebe für Werke, die in der Interaktion ihrer einzelnen Elemente gut funktionierten. So darf das gerne weiter gehen. www.diagonale.at
Mehr Texte von Andrea Winklbauer

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