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Für immer und ewig - World`s most photographed: Der Image-Fluch

Die Wechselbäder beim Abschreiten einer Porträtgalerie im Grafischen Kabinett des Kölner Museum Ludwig könnten heftiger nicht ausfallen: Queen Victoria, gefolgt von Gandhi, Hitler und Greta Garbo. Es schließen sich bündig an Marilyn Monroe, John F. Kennedy, Audrey Hepburn, James Dean und Elvis Presley - am Ende dann Cassius Clay alias Muhammad Ali. Die Exzentrik des Arrangements mag an britischer Projektentwicklung liegen. Was zuvor in der Londoner National Portrait Gallery startete, ist jetzt in Köln angekommen, bereichert durch Glanzstücke aus der Sammlung Gruber. Besonders auf Marlene Dietrich mochte man in Deutschland einfach nicht verzichten, hinzu kommt auch Pablo Picasso. Denn gerade "die Dietrich" war es, die am Ende ihres hermetischen, öffentlichkeitsfernen Lebens in Paris äußerte, dass sie zu Tode fotografiert worden sei. Andererseits schuf das Porträt im Zeitalter seiner fototechnischen Reproduzierbarkeit für die Betroffenen ein bis dato so nicht zur Verfügung stehendes Marketing-Instrument der Extraklasse: die perfekte Schaffung und Steuerbarkeit eines Images, dies mit allen politischen, propagandistischen und rollenspezifischen Intentionen: Marilyns Mund, Marlenes Beine, Greta Garbos Gesichts-Mystik, Hitlers Feldherren-Pathos und Demagogen-Gymnastik vor der Linse seines Leibfotografen Heinrich Hoffmann. Auch Gandhi machte Politik mit seinem ausgemergelten Leib, von weißem Leinentüchern drapiert, unterstützt von markanter Nickelbrillen-Physiognomie. Nicht zu vergessen die ohnehin pseudoprivaten Inszenierungen eines juvenilen John F. Kennedy, dessen chronische Rückenprobleme bei den Foto-Sessions perspektivisch weginszeniert wurden. Die Kamera als Komplize. Das Aufkommen des Paparazzi-Phänomens nach dem Zweiten Weltkrieg weichte zunehmend den verschworenen Studio-Pakt von Fotograf und Prominenz auf. Heutige Starfotografen wie Herb Ritts, Annie Leibowitz, Anton Corbijn, Peter Lindbergh oder der inzwischen verstorbene Helmut Newton haben sich vom Star-Porträt klassischer Prägung längst verabschiedet - ein Aspekt der ausgeklammert belibt. Die Paparazzi-Konkurenz des verbotenen Blicks, die man auch als Demokratiserung des Bildes missdeuten mag, hat ihre Folgen: Inzwischen zielen die Starfotografen auf ein symbolisch überdrehtes Raffinement aus Körperkult und Werbeästhetik, schaffen die Mischung aus Lifestyle, Mode und Sexualisierung. Da verharrt man vor dem Bild der von schwerer Krankheit gezeichneten Audrey Hepburn, als UNESCO-Botschafterin mit einem unterernährten Kind auf dem Schoß, ein Foto, das 1992 in Somalia entstand. Imagepflege oder Wahrheit? Man weiß es nicht.
Mehr Texte von Roland Groß

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Für immer und ewig - World`s most photographed
04.02 - 01.05.2006

Museum Ludwig
50667 Köln, Bischofsgartenstr. 1
Tel: +49-221-221-26165
Email: info@museum-ludwig.de
http://www.museum-ludwig.de
Öffnungszeiten: Di - So 1018, jeden 1. Donnerstag im Monat 10-22 h


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