Werbung
,

Missbrauch, Bilder davon: Out of Friedrichshof

Jede 6. Frau. Und jeder 10. Mann. Schenkt man der Dokumentation von Maria Arlamovsky Glauben, dann wurden so viele Personen in Europa irgendwann im Laufe ihrer Kindheit missbraucht. Eine unglaublich hohe Zahl. Darüber gesprochen wird - abseits jenseitiger TV-Shows - in einer breiteren Öffentlichkeit selten. In der IG Bildenden Kunst geht nun eine sehenswerte Ausstellung (Kuratorin: Michaela Pöschl) der Frage nach, welche Bilder von Missbrauch produziert werden und zeigt Alternativen zur gängigen "Opferikonografie" auf. Das tut sie stellenweise ein wenig didaktisch - etwa in Pöschls gemeinsam mit Alex Gerbaulet produziertem Video, das den "Täter-Opfer-Komplex" beleuchtet - mit Fragen wie "Wieso wird Schneiden nicht im gesellschaftspolitischen Kontext besprochen?" oder "Hat das Bild des Opfers etwas Geiles?". Weniger belehrend: Maria Arlamovskys Dokumentation, in der Opfer über ihre Überlebensstrategien sprechen und sich in ihren bedrückenden Erzählungen als heldenhafte KämpferInnen entpuppen. Trotz manchmal beinahe selbstironischer Distanz reflektieren sie Mechanismen, die sie vielleicht niemals los werden. Besonders gelungen: Das Nebeneinander von Otto Mühls "Oh Sensibility!", in der eine Gans genötigt und geköpft wird, und Paul-Julien Roberts Videoporträt eines jungen Manns, der in der Mühl-Kommune aufgewachsen ist und davon erzählt, wie sich seine als traumatisch empfundene Jugend auf spätere Beziehungen überträgt. Wie er mit seinem Sohn spielt und lacht, erscheint die Kleinfamilie wieder als Desideratum - oder zumindest als bessere Alternative zur gescheiterten Friedrichshof-Utopie. Überhaupt, die sexuelle Befreiung: Auch in Judith Mosers "Miss" - ein Dialog zwischen Mutter und Tochter, bebildert mit einem kleinen Mädchen, das durch die Wohnung tapst und Stöckelschuhe probiert - kriegt die allzu libertinäre Einstellung zur Sexualität ihr Fett ab. Neben solchen sensiblen, komplexen Arbeiten muss Elke Krystufeks mit pornografischen Fotos bestückte "Religionsbuch" - eine frühe Arbeit - fast plump wirken. Was nichts an der insgesamt komplexen Betrachtung des Themas ändert.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Missbrauch, Bilder davon
09.03 - 14.04.2006

IG Bildende Kunst
1060 Wien, Gumpendorferstrasse 10-12
Tel: +43/ (01)/ 5240909
Email: office@igbildendekunst.at
www.igbildendekunst.at


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: