Josef Dabernig - Film, Fotografie, Text, Objekt, Konstruktion: Traumatische Raster in Panoramasicht
Die Einzelausstellung von Josef Dabernig mit dem Titel Film, Foto, Text, Objekt, Konstruktion, die derzeit im Krakauer Bunkier Sztuki gezeigt wird, gibt Zeugnis davon, dass seine Kunst ebenso als "intelligent" wie auch autoreferenziell gelten kann. Nichtsdestoweniger vielleicht wegen ihrer buchhalterischen Emotionalität und der ästhetischen Sperrigkeit war eine Personale dieses Künstlers der Wiener Kunstwelt bis dato nichts wert. Anders in Polen. Hier findet der aus Kärnten stammende fast 50-jährige Künstler Anerkennung und Anklang. Ebenso bei der postmarxistischen Warschauer Galerie Raster als auch bei der auf konzeptuelle Kunst orientierten Direktorin des Bunkier, Masza Potocka, die seine Ausstellung von Leipzig nach Krakau geholt hat. Sogar der Katalog bekam ein neues Editorial, wurde übersetzt und erweitert. Beide - Raster und Potocka - verbindet ein Faible für das moralische Gut. Auch Dabernig achtet auf Moralwerte, Sachverhalte und Disziplin. Über seiner Ausstellung lauern die Geister der Vergangenheit, die der Künstler mit einem panoramahaften Blick und derartiger räumlicher Anordnung seiner Arbeiten zu bändigen versucht. Das Ergebnis überrascht aus mehreren Gründen. Zum Ersten suggeriert seine Ausstellung ostentativ, dass wir hier mit einer Art Anachronismus in der Kunst zu tun haben. Kein Wunder in der Ära, in der flüchtige Werte und einmalige Erfolge scheinbar Avantgarde sind. Zum Zweiten überrascht die Poliphonie der Themen und Mittel, die sich in Dabernigs Filmen auch unmittelbar auf die menschlichen Existenzen überträgt. Die Unbestimmtheit der modernen Umwelt, die durch solitär platzierte metallene Raster, selbstgebastelte Diagramme aus gerauchten Zigaretten oder das eigenhändig mechanische Kopieren der Bücher (eines davon über Schönheit und Verdauung), angedeutet wird, besagt, dass die Werte der wirklichen Lebenserfahrung zumeist an uns vorübergehen. Sie werden durch nicht authentische, oft extreme Ideologien oder technoide Weltutopien überrumpelt. Darin steckt auch etwas aus dem romantischen Paradigma, dem Dabernigs Haltung seine hinterlistige Ambivalenz verdankt. Der Betrachter ist von den an den Wänden gefesselten Objekte, Filme, Texte und Bauten umgeben, wirft sich in der Leere hin und her, abwechselnd zwischen dem Willen zum Überschreiten der eng bedingten Existenz und der (Un)Lust zur Anpassung an den Alltag und seinem flachen Ausdruck. Die zwei in der Ausstellung gezeigten und in Polen gedrehten Filme Wisla und Wars erinnern nostalgisch an die Faszination des Kommunismus und deren Verlust. Was heute bloß zählt, ist dessen gesunde Verdauung und Ausscheidung. Hier schließt sich die rekursive Panoramasicht zum Kreis, in dem sich nicht nur polnische, sondern auch menschliche Geschichtsschreibung entfaltet.
15.12.2005 - 05.02.2006
Bunkier Sztuki
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