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Die Götter im Exil - Salvador Dalí, Albert Oehlen u.a.: Am besten nackig

Heinrich Heines Geschichte ist hübsch: Die Götter der griechisch-römischen Mythologie treiben, nachdem sie aus dem Himmel verjagt worden sind, auf der Erde ihr Unwesen und stiften damit Verwirrung. Die Ausstellung im Kunsthaus Graz (Kuratoren: Peter Pakesch, Katrin Bucher) hat den Titel der Geschichte ausgeliehen und möchte, so der schwammig formulierte Anspruch, "die Metamorphose und die Mythologie des Künstlers" reflektieren. Da finden sich einerseits Philippe Halsmans aberwitzige Dalí-Porträts, Christian Ludwig Attersees Selbstporträts mit Zebra, Oehlens Selbstdarstellungen ebenso wie Kentauren und Einhörner von Arnold Böcklin oder eine Radierung von Max Klingers Toteninsel. Andererseits, und hier wird es in dieser Schau unter ausschließlich männlicher Beteiligung eigenartig, immer wieder Phantasma Nummer eins, richtig, la femme. Und zwar am besten halbwegs nackig, in allen erdenklichen Formen und Verformungen: Fragmentiert in Karel Teiges Collagen, mit Seepferdchen in den Schamhaaren bei Attersee, von Tigern bedroht bei Dalí. Sehr gewandelt hat sich das Bild des Künstlers von sich selbst und vom deuxième sexe nicht im Laufe der Jahrhunderte. Schön, heute gibt es Popstars - naheliegend, dass auch die Künstler gerne welche wären, und bei Oehlen kommt das mit angemessener Selbstironie daher. Und, ja, dort oder da hat er noch eine zweite Reflexionsebene in Sachen Frau-als-Sexobjekt eingeschoben. Dennoch: Das Machotum bestimmt den Grundtenor der Ausstellung. Dass im Katalog praktisch kein Wort zu den recht klar verteilten Geschlechterrollen verloren wird, ist im Jahr 2006 fast eine Tragödie. Dass gleichzeitig zwei andere Ausstellungen im Kunsthaus - jene von Lassnig/Larner und die äußerst sehenswerte Retrospektive der britischen Jo Spence (siehe dazu auch: die artmagazine Kritik ) - genau entgegengesetzte Bilder bieten, eine Komödie. Und dass letztere freilich viel mehr über deren Frau-Sein rezipiert werden als unsere Freunde im Exil über ihr Mann-Sein, demonstriert einmal mehr, dass selbst und gerade im Kunstbetrieb das mit den kleinen und großen Unterschieden noch lange nicht gegessen ist.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Die Götter im Exil - Salvador Dalí, Albert Oehlen u.a.
04.03 - 07.05.2006

Kunsthaus Graz
8020 Graz, Lendkai 1
Tel: +43/316/8017-9200, Fax: +43/316/8017-9800
Email: info@kunsthausgraz.at
http://www.kunsthausgraz.at
Öffnungszeiten: Di-So 10-18, Do 10-20 Uhr


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