Werbung
,

Blick A, Blick B - Jahresausstellung 2005/06: Alles ist gleich. Oder?

Es klang sehr demokratisch: Im Vorjahr wurden die Mitglieder des Salzburger Kunstvereins aufgerufen, sich für die Jahresausstellung 2005/06 zu bewerben. Alle wären, so hieß es in der Ausschreibung, an der Ausstellung beteiligt - mit einer Arbeit, die in Reproduktionen präsentiert werde. Nach Einlangen der Einreichungen wurde kuratiert - und wie. Tanja Widmann und Johannes Porsch hielten sich in ihrer Strategie an die Kopisten Bouvard und Pécuchet aus Flauberts gleichnamigen Roman. Wahllos schreiben diese beiden Figuren ab, was ihnen zwischen die Finger kommt, "Tabaksbeutel, Zeitungen, Plakate, zerrissene Bücher", heißt es bei Flaubert, "Alles ist gleich, das Gute und das Böse. Das Lächerliche und das Sublime - das Hässliche und das Schöne - das Bedeutungslose und das Bezeichnende, sie alle eigenen sich zur Erhebung des Statistischen." Auch im Salzburger Kunstverein ist alles gleich, als Schwarzweiß-Kopien am Boden versammelt (ja, genau: Malraux? Musée imaginaire), auf weiße Blätter aufgeklebt (in Referenz auf Rauschenbergs "Silkscreen Paintings") und dann noch mal per Diaprojektor an die Wand geworfen. Dazu Klebestreifen am Boden und an die Wand gelehnte Rahmen, die an El Lissitzkys Ausstellungsdisplays erinnern sollen: Um die Kunst der Mitglieder geht es hier nur bedingt, nur in ihrer statistischen Größe. Und manchmal möchte man es auch gar nicht so genau wissen: Wie so oft ist die Kunst der Mitglieder eines Vereins im Durchschnitt von völlig anderer Qualität als jene des Programms. In einer anderen Form hätte der Kunstverein viele der Arbeiten schwerlich zeigen können - hätte man sich dadurch doch diskreditiert. Also dienen sie als Rohmaterial für ein eigenes Kunstwerk von Widmann und Porsch, die beide ohnehin auch künstlerisch tätig sind und hier etwas manieriert auf einer Fotografie selbst als Bouvard und Pécuchet posieren. So anspielungs- und referenzenreich diese Installation ist, widerspricht sie sich doch selbst: Zwar intendiert sie offensichtlich das Nichtwertende, Hierarchiefreie - tatsächlich stellt sie sich aber selbst über alles andere. Und das hat mit Hierarchie wieder recht viel zu tun.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Blick A, Blick B - Jahresausstellung 2005/06
08.12.2005 - 29.01.2006

Salzburger Kunstverein
5020 Salzburg, Hellbrunnerstrasse 3
Tel: +43 (0) 662/84 22 94-0, Fax: +43 (0) 662/84 07 62
Email: office@salzburger-kunstverein.at
http://www.salzburger-kunstverein.at
Öffnungszeiten: Di-So 12-19h


Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
Blick C
Flaupert | 31.01.2006 09:00 | antworten
jawooohl.

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: