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Moderat Modern - Erich Boltenstern und die Baukultur nach 1945: Rehabilitierte Epoche

An Arbeitsmangel litt die Planergeneration der Nachkriegszeit nicht: der Bedarf an Neubauten war groß, die Mittel dafür umso bescheidener. Zweckorientierter Pragmatismus regierte eine Architektur, die vor allem mit solider Sachlichkeit besticht. Ihre Qualität maßvoller Vernunft strahlte so unauffällig, dass sie der wertschätzenden Wahrnehmung zu entgleiten drohte. Judith Eiblmayr und Iris Meder unterzogen die vernachlässigte Epoche nun endlich einer Revision. Gemeinsam kuratierten sie die Schau "Moderat modern. Erich Boltenstern und die Baukultur nach 1945" im Wien Museum. Integer, konsensfähig, gewissenhaft war Erich Boltenstern einer der meistbeschäftigten Architekten seiner Zeit: vom Nationalsozialismus unkompromittiert, stellte er in verlässlicher Kontinuität unterschiedlichste Bauherren zufrieden. Sein Hauptwerk, der 73m hohe Ringturm wurde zum Stadtwahrzeichen, Symbol des Fortschritts und einer neuen Arbeitswelt. Boltensterns Werk kreist um den Menschen und seine Bedürfnisse: er beschäftigte sich mit dem "wachsenden Haus", sein für 4500 Ausflügler geplantes Restaurant am Kahlenberg bedachte auch Selbstversorger, der Wettbewerbssieg für ein Krematorium in Graz brachte lebenslang Aufträge für Feuerbestattungsvereine. Der Sohn der Sängerin Louise Godina wurde mit Musik groß und hatte eine Sängerausbildung. Sein umsichtig-moderat gestaltetes Staatsoperninterieur bot dem feierlichen Wieder-Eröffnungsstaatsakt ein repräsentativ-stilvolles, neues Ambiente. Darunter lösten in der neuen Opernpassage (Adolf Hoch, Wiener Stadtbauamt) die Rolltreppen Begeisterung aus, im glasrunden Cafe huldigte man dem neuen Geist des Espresso. Wesentliches Gestaltungselement ist das Rondeau der Opernpassage, wo nun rund um Ringstrasse und Person Boltensterns in Alltagsmobiliar, Staatsoperninterieur, Wochenschauen, Dokumenten und auf den Architekturfotos von Lucca Chmel der damalige Zeitgeist wieder auflebt. Das zerstörte Steyr-Haus von Carl Appel mit der Leuchtdecke überm Autosalon strahlt hier so neu wie der Gartenbau-Komplex von Boltenstern/Kurt Schlauss, erste Lebensfreude keimte im Volksgarten-Tanzcafé von Oswald Haerdtl. Am Messegelände stand sein berückend eleganter Felten&Guilleaume-Pavillon. Dort wagten Architekten mehr, mit dem innovativen Stahl-Glas-Bau von Karl Schwanzer für die Expo in Brüssel 1958 begann eine neue Ära.
Mehr Texte von Isabella Marboe

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Moderat Modern - Erich Boltenstern und die Baukultur nach 1945
20.10.2005 - 29.01.2006

Wien Museum
1040 Wien, Karlsplatz
Tel: +43 1 5058747-0, Fax: +43 1 5058747-7201
http://www.wienmuseum.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 09-18, Sa, So 10-18 h


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