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Manfred Erjautz - Parallel: Schmuggelware

Eigentlich hört es sich ein bisschen nach Alice im Wunderland an. Oder verkehrter Welt. Oder vielleicht auch "Des Kaisers nackte Kleider": Eine katholische Messe. Eine barocke Kirche. Ein Priester. Ein Altar mit vergoldeten Engeln. Bestickte Tischdecken, Liturgiegerät, alles. Nur: Kelch und Patene glänzen nicht gülden, sondern man kann durch sie hindurchsehen. Sie sind nämlich aus teils transparenten Legosteinen, und zwar in Form eines etwas frei interpretierten Hauses respektive Transporters. Fehl am Platz? Oder ist es der Platz, der fehl ist? Es ist dem Pater Gustav Schörghofer hoch anzurechnen, dass er sich auf das, betrachtet man es nüchtern, eigentlich recht einfache Vexierbild von Manfred Erjautz eingelassen hat. Der Spielzeugcharakter des Legos relativiert die Ernsthaftigkeit und Feierlichkeit der Liturgie mehr, als umgekehrt. Oft macht Erjautz nichts anderes, als Dinge zusammenzudenken, die sonst, "normalerweise" also, räumlich oder zeitlich getrennt sind. Wie er Lego in Barock schmuggelt, klebt er mehr oder weniger sinnvolle Pickerl in den Innenraum eines Containers: Selten sieht man diese derart dicht an dicht - und es ergeben sich nicht nur merkwürdige Koinzidenzen ("Vorsicht Stufe" steht etwa neben "Kein Trinkwasser" und "Bitte ziehen"), sondern auch eine Art Momentaufnahme der Entstehungszeit: Wer erinnert sich etwa noch an die höheren Töchter und Söhne aus der Fernsehserie "Beverly Hills" oder die allgegenwärtigen "Stop CSFRnobil"-Sticker in Knallgelb? Später wanderten die Logos auf Schaufensterpuppen über - nicht unbedingt zu ihrem Vorteil, werden sie so doch zu einer etwas vordergründigen Kapitalismus-Kritik. Die Entleerung der Zeichen findet aber auch anderswo statt. Etwa in der Fotografie, die Erjautz von sich selbst hinter einem fahnenbewehrten Rednerpult machte, oder die Aktion, bei der sich vier Personen hinter einem Transparent verstecken - das allerdings unbeschrieben ist. Schade, dass diese subtilen Arbeiten in der Ausstellung nicht gezeigt werden, hätten sie doch Erjautz` künstlerische Strategie gut demonstriert.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Manfred Erjautz - Parallel
08.10.2005 - 15.01.2006

Museum der Moderne Salzburg Mönchsberg
5020 Salzburg, Mönchsberg 32
Tel: +43 / 662 / 84 22 20-403, Fax: +43 / 662 / 84 22 20-700
Email: info@mdmsalzburg.at
http://www.museumdermoderne.at
Öffnungszeiten: täglich 10-18 h, Mi 10-20 h


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