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Ich, mein Ärger und die Netrebko

Also einleitend muss ich zugeben, dass ich mich über die Schreibe eines Presse-Artikels ziemlich geärgert habe. Und - ich kann mich nicht wirklich über Opern emotionalisieren. Vielleicht macht es mich nervös, wenn sich zwei Liebende lautstark anduetteln, oder ein sinnlos Sterbender noch 10 Minuten lang mit übervoller Lungenkapazität eine fesche Arie aus sich heraus schmettert. Aber gut - lassen wir das. Die Salzburger Festspiele, La Traviata, Anna Netrebko, - darüber wurde ich in den letzten Wochen selbstverständlich in überreichem Maße hymnisch informiert. Auch Netrebkos Konterfeites wurden mir zigfach aufgedrängt. Sie schaut jetzt zwar nicht so aus wie die mächtigen Brustkorbresonanzsopranistinnen aus meiner Jugend, aber wenn man den Kritikern glauben darf, scheint sie doch ganz gut singen zu können. Aber sonst??? Da war doch unlängst ein Artikel in "Die Presse" - da kam sie nicht wirklich gut weg die Netrebko. Die berichtende Journalistin war sichtlich not amused, dass sie Fans und Journalisten nur mit einem "lässigen Hi" begrüßte. Und auch darüber nicht, dass sie Fragen "nicht beantworten will oder kann". Gott sei Dank war aber ein Sängerkollege mit, der sichtlich konnte und wollte. Und was der so sagte und erzählte, da ging das Herz unserer Journalistin gleich weit schreibend auf. Und dann - nach einigen Schwärmereien des Sangeskollegen über sich und seine Stimme - sollte die Netrebko auch "ihre Stimme näher charakterisieren". Aber die sagte angeblich nur: "Ich bin einfach ein Sopran". Dieser zugegeben etwas spartanische aber sicher zutreffende Satz empörte die Journalistin so sehr, dass er gleich für eine abfällig gemeinte Headline herhalten musste. Und Netrebkos Antwort auf die wahrscheinlich überaus intelligente Frage, was sie so in ihrer probenfreien Zeit in Salzburg mache - "Palatschinken essen" - verhalf unserer Journalistin, in "Die Presse" wohlgemerkt, zu dem nachgerade genialen Schlusssatz: "Vielleicht hätte man sich mit ihr doch über ihre Prada-Taschen unterhalten sollen". Vielleicht hätte man ihr auch gscheitere Fragen stellen können, oder den spürbaren Neid auf ihren Erfolg oder auch Aussehen ein bissl besser kaschieren können. Dass die Netrebko "einfach ein Sopran" ist, dass sie die ausfratschelnden Journalisten mit einem "lässiges Hi" begrüßt und dass sie ihren Erfolg "cool" findet, macht sie mir doch wesentlich sympathischer als die über sie in überheblichem Ton schreibende Journalistin.
Mehr Texte von Manfred M. Lang

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