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looking at america: Das Gespenst der Freiheit

"Achtung: Die Objekte in diesem Spiegel können näher sein als sie erscheinen". Unter diesem Motto steigt Jean Baudrillard in die Betrachtung jener Hemisphäre, jenes Kontinents, jener Weltanschauung ein, der er sein Buch "Amerika" gewidmet hat. In der Tat: Die neue Welt kann von einer ungeheuren Nähe sein und unsere Distanzlosigkeit von schreiender Dummheit. Schließlich steht Halloween vor der Tür. Die Galerie Hohenlohe & Kalb blickt nun seinerseits auf Amerika. Das Entree in die Ausstellung mit dem Foto von Andrea Geyer, das einen Besucherinnenkopf zeigt, der auf die Freiheitsstatue weist, ist einschlägig genug, und irgendwie treibt sich eine Weltgegend, die uns die Befreiung brachte, den Modernismus und den schlechten Geschmack der Pop-Literaten tatsächlich in allen Oberstübchen herum. Franz West hat zwei Tische in die Schau getragen, ein wenig freihändig zusammengestellt und bunt bemalt wie bei ihm üblich, hat jeweils "An American Table" darübergeschrieben, und fertig ist die Hommage. Wenn man sowieso an Amerika denkt, dann kann man es auch hier. Dass Amerika eine Obsession sein kann und Santa Claus realer als das Christkind ist als Erkenntnis längst selbst ein Klischee. Also hat die Ausstellung zwei Indianer-Porträts von Edward Curtis in petto und ein Reportagebild von Allan Sekula, das entstand, als sich im Los Angeles von 1992 die Latinos in einem "Riot" an den Koreanern versuchten. Und Jutta Strohmaier hat New York fotografiert, den Moloch von oben, im Jahr 2001, und natürlich memoriert man unverzüglich Nine-Eleven, das Ereignis, das soviel mit regionalem Unglück und soviel mit dem Glück der Attentäter zu tun hatte, dass das hochaufragende Zeug tatsächlich in sich zusammenfiel. Doch wenn es die Nähe der Wall Street trifft, dann trifft es die Welt. Peter Friedl hat eine Skizze zum wandfüllenden Stück aufgeblasen, auf der er einst als Kind eintrug, was er von Amerika wusste. Er wusste nicht wenig, und womöglich wissen wir heute auch nicht mehr. Jedenfalls sind wir sofort einverstanden, dass eine Ausstellung, die "looking at america" heisst, von nichts als den USA handelt.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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looking at america
21.09 - 04.11.2005

Galerie Hohenlohe
1010 Wien, Bäckerstrasse 3
Tel: +43 1 512 97 20, Fax: +43 1 512 74 19
Email: galerie@galeriehohenlohe.at
http://www.galeriehohenlohe.at
Öffnungszeiten: geschlossen


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