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Amerikanische Street Photography - Garry Winogrand mit Lee Friedlander, Mitch Epstein, Joel Meyerowitz und Henry Wessel: Die Kunst des Jägers

Der Photograph als Jäger: Diese wohletablierte Metapher hat - zumindest in der amerikanischen Nachkriegsphotographie - vermutlich durch kaum jemanden mehr Bestätigung erfahren als durch Garry Winogrand. Und dies nicht nur, weil gleich sein allererster Bildband tatsächlich den Tieren des New Yorker Zoos gewidmet war ("The Animals"), die er, anstatt sie traditionell rein als possierliche Geschöpfe zu präsentieren, in einer von schwarzem Humor und Melancholie getränkten Weise als mit dem Menschen koexistierende Bewohner eines Mikrokosmos vorführt, welcher zugleich auch stellvertretend für den anderen, größeren Mikrokosmos stehen mag, den Winogrand ab den späten 1950er Jahren geradezu manisch durchstreifte. Denn die öffentlichen Straßen, Plätze und Parks der Metropole New York waren es, die er sich als natürliches Territorium anverwandelte, und in dem er wie ein Getriebener (oder auch: wie ein Automat) alles aufnahm, was ihm bildwürdig vorkam. Und der Zufall schien Winogrand in den folgenden beiden Jahrzehnten vor allem Frauen zuzuführen, deren Photographien dann zu der berühmten Serie "Women are beautiful" kompiliert wurden, die jetzt in einer großen Auswahl zu bewundern sind: spontan wirkende Schwarzweißaufnahmen, anscheinend ohne expliziten kompositorischen Anspruch, mitunter angeschnitten und oftmals mit gekipptem Horizont - was später zu einer Manier Winogrands geriet. Die Bilder beeindrucken daher vorwiegend durch ihren expressiven Gestus, durch eine merklich nervöse Energie und eine unerhörte Direktheit; und nicht zuletzt durch einen unleugbar aggressiven Zugriff, der Winogrands Vorläufer in einem William Klein oder sogar Weegee vermuten lässt. Vervollständigt wird die Schau der von Winogrand initiierten Street Photography, die als erste genuin amerikanische Bewegung auf dem Feld der Photographie gelten darf, durch Exponate von vier seiner Gefährten und Adepten, von denen vor allem Lee Friedlander und Joel Meyerowitz zu faszinieren wissen. Meyerowitz, von beinahe klassischem Formwillen beseelt, der ihn Perspektive, Licht und vor allem Farbe gezielt einsetzen ließ, zeigt verdichtete Szenen, die das Leben der Straße ebenso enthusiastisch wie Winogrand feiern, dabei aber ein deutlich weniger ungestümes und rohes Temperament verraten. Und Lee Friedlander besticht, zumal in seiner Reihe der "Self Potraits", durch surreale, zum Teil vexierhafte Arrangements, aber auch durch eine Lakonie, die schon die Zäsur in der amerikanischen Photo-graphie vorausahnen lässt, die ab Mitte der 1970er Jahre die neue Landschafts-photo-graphie, die New Topographics, hervorbringen wird.
Mehr Texte von Peter Kunitzky

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Amerikanische Street Photography - Garry Winogrand mit Lee Friedlander, Mitch Epstein, Joel Meyerowitz und Henry Wessel
16.04 - 31.07.2005

Städtische Galerie Wolfsburg
38448 Wolfsburg, Schlossstraße 8
http://www.staedtische-galerie-wolfsburg.de


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