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Prag Biennale 2: Biennale als Display der Aktion

"Expanded Painting" und der politisch unterlaufene lateinamerikanische Aktionismus (Acción Directa, kuratiert von Marco Scontini) respektive Tradition und Zerstörung als eine produktive Kraft, prallen als Schwerpunktthemen der PraqueBiennale2 unmittelbar aufeinander. Eine Kunstbiennale als ein mediales Display verleitet diesmal zur Frage, welche unterschiedlichen politisch-kulturellen Auswirkungen die Etablierung einer autonomen zeitgenössischen Kunstszene in einer kulturellen Provinz haben kann. Ob in Prag neben dem fulminanten Wachstum des Tourismus und des Konsums von Luxusgütern auch eine internationale Kunstszene bestehen kann? Laut Boris Groys handelt es sich in solchen Fällen um das neue Verhältnis zwischen Staat und individueller Souveränität. Die erste staatlich finanzierte Biennale in Moskau und die zweite vorwiegend mit privaten Mitteln geförderte Prager Biennale lassen hier zwei unterschiedliche Modelle erkennen. In Prag entschieden sich die Herausgeber der internationalen Kunstzeitschrift Flash Art durch die Übersiedlung der Biennale in die postindustreille Karlin Halle für eine Art anarchistischen Aktionismus als eine Distanzbekundung gegenüber den autoritär agierenden staatlichen Funktionären. Damit wurde die Biennale selbst zur frappierenden Aktion, um den vorherrschenden Kulturkampf zwischen Staat und unabhängigen Initiativen in Tschechien nach außen zu tragen. Das von Giancarlo Politi und Helena Kontova zusammengestellte Kunstspektrum wirkt daher ungewöhnlich dicht gemischt und bildet einen eigenartigen Kosmos, der die lokalen und globalen Begebenheiten zusammenfasst. Neben jungen tschechischen und slowakischen KünstlerInnen und der wilden tschechisch-deutschen Gruppe Normal, die aus den achtziger Jahren stammt, zeigt man übergreifend hybrid die internationale Anthologie der Kinetic Art - als Erweiterungsmodus des Mediums Malerei. In dem Teil "Expanded Painting" wird der Malerei heute sogar die Kraft zur Provokation und zum Paradox attestiert, weil sie vor allem durch die Prager Institutionen und deren Akteure mit großem Vorbehalt gesehen wird. Die gegenwärtige Malerei auf der Biennale ist experimentell, komplex und lustgewinnend, insbesondere dann, wenn sie die anderen Medien wie Skulptur oder Video aufnimmt (D`Amaro, Krippendorff, Steckholzer,), aber auch bieder und stimmungsvoll beschwörend (Megerle, Rogalski, Vukoje). Zur Verstärkung ihrer Botschaft holten sich die Kuratoren auch einige junge Nachfolger von Rau und Havekost aus der marktorientierten Dresdner und Leipziger Schule. Die jungen Maler aus China wie He Sen oder Yang Qian mit ihrer perfekt glatt gemalten und neuerdings auch durch individuell selektierte Sujets - wie "Girl Smoking" - auffallenden Arbeiten oder die Gender-Trouble-Problematik nachholenden PolInnen wirkten dennoch viel mondäner als einige der um die Tradition bemühten deutschen Kollegen.
Mehr Texte von Goschka Gawlik

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Prag Biennale 2
28.05 - 15.09.2005

Prag Biennale
110 00 Prag, Nationalgalerie Prag, Palais Kinsky, Staromestské namesti 12
http://www.ngprague.cz/biennale


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