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Michael Lin: Wohlfühlzone

"Wohlfühlzone" ist eines jener Unworte, die typisch für das heutige Wellness-Business sind. In eine solche hat nun Michael Lin, der in Tokio geboren wurde, in L. A. aufgewachsen ist und nun in Taiwan lebt, den project space der Kunsthalle Wien verwandelt. Kunst muss wehtun? Mitnichten: In den Sitzsäcken, die wie überdimensionale Mäuse im project space des "pseudomodernistischen" Krischanitz-Bau verteilt sind, lässt es sich gut dösen. Lässige Loungemusik plätschert aus Lautsprechern. Die untergehende Sonne wirft durch die floralen und geometrischen Ornamente der grünen und rosa Klebefolie, die an der Glaswand appliziert ist, angenehmes Licht, in den Sitzsäcken verschwindet man fast. Nur: Wo bitte, geht`s hier zur Kunst? Was genau unterscheidet die hübschen Raumausstattung von hippen Gastro-Dekorationen in irgendwo? Falsche Frage, würde Michael Lin antworten. Mit der Bezeichnung "Dekorateur" kann er sich anfreunden, sagt er in einem Interview, denn: "Ich halte Schönheit für eine Qualität." Und: Mit dem nun nächtens wie eine "orientalische Lampe" leuchtenden project space wollte er "ein schönes, banales Objekt" schaffen, das nicht zwischen bildender und angewandter Kunst unterscheide. Lins Umgang mit traditioneller asiatischer Kunst, die genauso kolonialisiert wurde wie zuvor die politische Landschaft, besteht in ihrer Affirmation mit zeitgenössischen Mitteln. In einer im Vorbeigehen angebrachten flachen und obsoleten Institutionskritik inszeniert er einen beschaulichen Rückzugsort. Dass so etwas im stressigen Großstadtleben zwischen Shanghai, New York und - nun ja - Wien Anfang des 21. Jahrhunderts gut ankommt, ist naheliegend. Die Sehnsucht nach Kontemplation und "Schönheit" (der sich, den uneindeutigen Angaben ihres Leiters zufolge, ja offensichtlich auch die nächste Documenta verschreibt) scheint den Nerv der Zeit zu treffen, die entsprechenden Tools werden häufig aus Fernost importiert - siehe Zen-Gärtlein, Ayurveda-Therapie und Thai-Massage. Und letztlich haben wir uns dann doch von der Wohlfühlzone in die Globalisierungsdebatte katapultiert.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Michael Lin
20.04 - 29.05.2005

Kunsthalle Wien Karlsplatz
1040 Wien, Karlsplatz/Treitlstraße 2
Tel: +43 1 52189-0
Email: office@kunsthallewien.at
http://www.kunsthallewien.at
Öffnungszeiten: Di-So 11-19, Do 11-21 h


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