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Lust und List im AugenBlick: De wereld will bedrogen zyn

"Die visuelle Kultur von Neuzeit und Moderne beschreibt den Fortschritt in der Täuschung der Sinne", schreibt Beat Wyss in seinem kulturpessimistisch angehauchten Text "Die Welt als T-Shirt", "je perfekter die Simulation, desto überflüssiger wird deren Referenz, das so genannte Reale." Obwohl gebetsmühlenartig eine grassierende Flucht ins Virtuelle beklagt wird, ist wohl die Fähigkeit zur Differenzierung höher, als so mancher besorgte Pädagoge vermutet - bezieht doch ein Großteil heutiger Kulturtechnologien ihren Reiz aus dem latenten Bewußtsein des Getäuscht-Werdens. Interessant daran ist vor allem der Moment des Switchens zwischen realer und illusionierter Welt. Wie sehr sich dieser mit den Jahrhunderten verschoben hat, wird in der äußerst sehenswerten Ausstellung im Salzburger Barockmuseum klar. 400 aus der 25 000(!) Objekte umfassenden Sammlung des Filmemachers Werner Nekes führen uns gerade diesen Moment als einen zentralen unserer (Kunst-)Wahrnehmung vor. Obwohl es uns heute schwerer fällt, in die Illusionswelten der hier versammelten Apparate (zum Großteil aus dem Barock) hineinzukippen, ist deren Faszinosum ungebrochen. Da gibt es eine Camera Obscura, die den Mirabellgarten in ihre dunkle Kammer projiziert. Anamorphosen, die sich im gespiegelten Bild eines Kegels oder Zylinders entzerren. Verwandlungsbilder, in denen weitere Zeichnungen erscheinen, wenn sie von hinten beleuchtet werden: So ist auf einem Bildchen zunächst eine Ballettänzerin zu sehen; wenn das Licht angeht, bemerkt man, dass ihr ein nicht ganz so feiner Herr unter den Rock greift. Witzig ist auch das Schachspiel, bei dem die Bauern (die ja bekanntlich als erstes geopfert werden) im Schattenriß das Profil von Napoleon aufweisen. Und so wird ganz nebenher auch ein Stück Geschichte populärer Kultur erzählt. Am Anfang der Ausstellung steht ein chinesisches Feuerwerk - hinter Schlitzen wird eine bunte Scheibe gedreht, sodass sich der Eindruck pyrotechnischer Spiele einstellen soll. Das programmatische Motto, das darüber steht, ist so simpel wie allgemeingültig: "De wereld will bedrogen zyn." Die Welt will betrogen werden. Damals wie heute.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Lust und List im AugenBlick
27.03 - 28.08.2005

Salzburger Barockmuseum
5024 Salzburg, Mirabellplatz 3
Tel: +43(0) 662/ 87 74 32, Fax: +43(0) 662/ 87 74 32 - 17
Email: office@barockmuseum.at
http://www.barockmuseum.at
Öffnungszeiten: Di - Sa 9.00-12.00, 14.00-17.00 Uhr, Sonn- u. Feiertage 10.00-13.00 Uhr


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