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Inge Morath - Durch Österreich: Bis heute

Es gibt Orte, an denen die Zeit scheinbar vor Ewigkeiten angehalten wurde. Die stehengeblieben sind vor Jahrzehnten oder Jahrhunderten, auf eigenartige Weise konserviert. Orte wie diese häufen sich in der von Brigitte Blüml und Kurt Kaindl kuratierten Ausstellung von Inge Morath (1923-2002), in der ausnahmslos Aufnahmen aus Österreich zu sehen sind.

Fotos aus dem Salzkammergut oder von Salzburg selbst aus den 50er-Jahren werden da etwa solchen aus den Neunzigern gegenübergestellt - und es lassen sich mehr Parallelen ziehen als Unterschiede finden. Ein Kreuzweg aus einem Blickwinkel knapp hinter dem Kreuz, zu dem ein Mann hochschaut - das könnte aus der Nachkriegszeit sein, stammt aber aus dem Jahr 1992. Die Bilder, in denen Morath Salzburger Brauchtum dokumentiert, sprühen nicht vor Lebensfreude und Feierlaune, sondern bergen gedrückte Erstarrung. Dass sich die Ausstellung als "fotokünstlerischer Beitrag zu den Republikjubiläen dieses Jahres" (Pressetext) versteht, ist in diesem Zusammenhang nicht unwichtig. Zwar legt sie den Schwerpunkt auf die 50er-Jahre, behauptet in der Kombination mit viel später entstandenen Arbeiten ein Kontinuum zwischen damals und heute: In diesem Österreich hat sich dort und da nicht viel verändert.

Auffällig ist, wie sehr sich die Fotografien, die Morath hier gemacht hat, von jenen aus den USA unterscheiden. Die Leichtigkeit, der Witz, die freche Direktheit, die viele ihrer dort entstandenen Arbeiten kennzeichnen, fehlen den im Fotohof präsentierten völlig. Das Wien der Nachkriegszeit scheint sich in Moraths Bildern gehäutet zu haben, übermächtig thronen die martialischen Sphingen vor dem Belvedere und lassen die Menschen dahinter klein und mickrig erscheinen: Die Stadt, das Land leiden an ihren Verletzungen und markieren mit ihrem heruntergekommenen Prunk eine in Wirklichkeit verlorene Macht. Eine bessere künstlerische Metapher für die österreichische Nachkriegszeit wurde wohl selten gefunden.

Zur Ausstellung ist ein Bildband mit einem Aufsatz von Karl-Markus Gauß in der Galerie Edition Bibliothek erschienen.

Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Inge Morath - Durch Österreich
22.04 - 04.06.2005

Fotohof (alter Standort)
5020 Salzburg, Erhardplatz 3
Tel: 662 - 849296, Fax: 849296 - 4
Email: fotohof@salzburg.co.at
http://www.fotohof.or.at
Öffnungszeiten: Mo-Fr 15.00-19.00 Uhr, Sa 10.00-13.00 Uhr


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