Andrea Winklbauer,
Dating mit Kulturschock
Benny und Desiree sind keine Menschen wie Brad Pitt oder Julia Roberts, sprich: keine herausragenden Schönheiten. Ganz normale Leute eben, Singles, nicht mehr ganz jung, aber noch lang nicht alt genug für ein Haustier als Partnerersatz. Er ist Landwirt und Junggeselle, sie eine verwitwete Bibliothekarin und kennen lernen sie einander an einem Ort, an dem man sonst nicht unbedingt ans Flirten denkt: auf dem Friedhof. Doch die Funken fliegen ganz schön heftig und so landet man alsbald im Bett. Eine Romanze mit Hindernissen beginnt. Denn bald stößt sich die studierte Desiree an dem mangelnden Ehrgeiz ihres Lovers, während Benny ihr ihre kleinstädtische Arroganz übel nimmt. Doch das Gefühl, das sie verbindet, führt sie immer wieder zu einander, bis Desiree ein toller Job in Stockholm angeboten wird und sie sich entscheiden muss: Karriere oder Partnerschaft.
"Der Typ vom Grab nebenan" ist durch und durch europäisch und somit völlig anders als Romantikkomödien aus den USA. Ebenso wie die Schauspieler keinem platten Schönheitsideal entsprechen, sind die Handlung und ihre Darstellung dem wirklichen Leben und den zeitgenössischen Erfahrungen sehr nah. Hier sind keine Prototypen zu sehen sondern durchaus widersprüchliche Individuen unserer Gegenwart. Ein ganz besonderer Zauber liegt in den Details. Mit feiner Ironie wird darin immer wieder das Gesagte kaum wahrnehmbar gebrochen. Die solchermaßen eingebaute Kritik am global gewordenen Hollywood-Liebesideal steht diesem Anti-Hollywood-Romantikfilm gut zu Gesicht.
DER TYP VOM GRAB NEBENAN / GRABBEN I GRAVEN BREDVID
Schweden 2002
Regie: Kjell Sundvall.
Mit: Michael Nyqvist, Elisabeth Carlsson, Annika Olsson
94 min
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