Iris Meder †,
Lernen von Japan
Was ist eigentlich das Japanische an japanischer Architektur? Mit das Kennzeichnendste der Kultur Japans ist mit Sicherheit ihr ungehemmter Eklektizismus. Machen nicht Japaner die schönste Bossa-Nova-Musik der Gegenwart? Und hatten sie nicht die schamloseste Postmoderne? Und wie ist die Rückbesinnung auf "das" Japanische in diesem Zusammenhang überhaupt zu sehen?
Die anlässlich des japanischen EU-Jahrs nun durch Europa tourende Ausstellung "Sensai" zeigt Projekte von zehn zeitgenössischen japanischen Architekten, alle männlich und meist um die fünfzig Jahre alt. Einzelheroen sind sie wohl, in Zeiten, in denen es hierzulande normal ist, sich zu Kooperationen von zwei oder mehr Architekten und Architektinnen zusammenzuschließen. Und sie sehen auch genau so aus, wie man sich japanische Architekten vorstellt: weise, hager, im schwarzen Leinen-Knitterjackett a la Yamamoto.
Sie versuchen uns zu erklären, was sie unter "Sensai" verstehen. Seltsamerweise auch in dem speziell für die Wiener Ausstellung gedruckten Folder nur auf Englisch (in der Ausstellung selbst sind manche Texte dann gar nur auf Spanisch zu lesen, da die Ausstellung zuerst in Mexiko gezeigt wurde). Was ist nun "Sensai"? In erster Linie wohl schwer zu übersetzen; man versucht es mit "Kultiviertheit, Verfeinerung, Vervollkommnung". Vermutlich also genau das, was man mit traditioneller, ganzheitlicher japanischer Kultur verbindet. Und diese lassen die zehn Architekten in ihr Bauen einfließen, um sich damit einem angenommenen "üblichen modernen Stil" entgegenzustellen. Aber ist dieser nicht gerade der subtile Minimalismus, wie er unter anderem von Architekten wie Tadao Ando geprägt wurde? Die Bauten der hier Vertretenen, in Europa eher unbekannten Architekten sehen jedenfalls ziemlich modern aus. Schön präsentiert werden sie mit ausgerollten Prints und kleinen Modell-Stelen, die die Raumentwicklung oder die Materialität der Bauten anschaulich machen. Japan war eben doch schon immer modern.
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