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Fritz Grünbaum - Grüß mich Gott!: Verirrt und blöd gestellt

"Und wenns was net vastehngan und sie kumman durchanaund, dann kummans mit dem Ärgsten und des is da Hausverstaund,", so singt das Duo Attwenger in einer zur Zeiten der "Wende" entstandenen Nummer. Der Hausverstand, auch für die Simplen leicht zu begreifen, wurde auch von Fritz Grünbaum (1880-1941) gern verspottet. In seinen berühmten Doppelconférencen mit Karl Farkas tarnte er sich selbst als "Blöder", um das Abwegige im scheinbar Naheliegenden zu enttarnen. So diskutieren sie etwa über die Sinnhaftigkeit des Kunstsammelns: "Eine Skizze von Murillo nennst du Mist? Ruhendes Zigeunermädchen - 2000 Schilling hab ich dafür ausgegeben!" - Antwort: "Das sieht dir ähnlich! 2000 Schilling für ein Zigeunermädchen! Ich hab zuhause den Kaiser Napoleon für 8 Schilling!". Die Ausstellung im Theatermuseum setzt sich aus vielsagenden Fragmenten und Geschichten wie diesen zusammen: Reproduziertes Fotomaterial mit Texten, chronologisch oder thematisch geordnet, breitet sich auf halbkreisförmigen Displays aus, Bücher, Programmhefte und Autographen in Vitrinen - und auch zwei Schieles aus Grünbaums Sammlung. Bedauerlich ist dabei, dass die Originaltexte des Kabarettisten etwas in den Hintergrund treten: Zwar werden die beiden Ausstellungsräume mit von Grünbaum geschriebenen Schlagern und Lesungen beschallt - allerdings verkommt dies ein wenig zur nebensächlichen Nonstop-Berieselung. Die Exponate dagegen vermitteln ein komplexes Bild: Auf Grünbaums Ex Libris sinniert einsam ein Kasper mit Narrenmütze und langen spitzen Clownschuhen vor der Silhoutte einer Stadt. Im krassen Gegensatz dazu lacht er selbst fröhlich und umringt von lustigen Girls auf Revueaufnahmen. Der größte Bruch tut sich am Schluss auf: 1938 diffamierte die Zeitschrift "Die Bühne" Grünbaums Doppelconférencen - mit Bildunterschriften wie "Erziehung zu Schmutz und Schund". Kurze Zeit später wurde er ins KZ Dachau deportiert, wo er 1941 starb. In den Porträts von Grünbaum, die ein SS-Fotograf dort machte, kommt eine Trauer und Tragik zum Ausdruck, die schwer zu beschreiben ist. "Ich sehe nichts", sagte Fritz Grünbaum einmal auf einer verdunkelten Bühne, "da muss ich mich in die nationalsozialistische Kultur verirrt haben." Wie schlimm es tatsächlich kommen würde, konnte er damals wohl noch nicht ahnen.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Fritz Grünbaum - Grüß mich Gott!
17.02 - 08.05.2005

Österreichisches Theatermuseum
1010 Wien, Lobkowitzplatz 2
Tel: +43(1) 525 24 641, Fax: +43(1) 525 24 645
Email: info@theatermuseum.at
http://www.theatermuseum.at
Öffnungszeiten: Di-So 10-17 Uhr, Mi 10-20 Uhr


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