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Jonathan Meese - Solo für Onkel Schnapp-Gebiss: Meese malt Metal

Jugendzimmer, Godzilla und Adolf Hitler sind vorbei. Jetzt kommen die deutschen Helden an die Reihe bei Jonathan Meese - und das in den traditionellen Medien Malerei, Zeichnung und Skulptur. Zumindest in der Ausstellung mit dem gleichwohl schönen wie absurd-unverständlichen Titel "Solo für Onkel Schnapp-Gebiss" in der Galerie Krinzinger. Die Gralsgeschichte hat er sich vorgenommen, und er erzählt sie auf eigene Faust in großformatigen Gemälden. Spermien hängen am Kreuz, schematische Figuren tragen einen Bischofsstab, surreale Wortschöpfungen oder mit Bedeutung aufgeladene Wortkombinationen ("Machtausbau Extase Schweinehund") verwirren zusätzlich, zwischendurch taucht immer wieder irgendwo das Eiserne Kreuz auf. Jonathan Meese sieht heute noch aus wie der Leadsänger einer - vielleicht nicht ganz so peinlichen - Heavy Metal-Band, und er malt auch quasi schwermetallig. Vorwiegend schwarz fetzt seine Malerei atemlos dahin wie die Gitarre von Angus Young, die Farbe rinnt herunter als wäre sie Ozzy Osbournes Lidstrich bei einem besonders schweißtreibenden Gig, und krakelig quetscht sich der Strich heraus wie ebendieser die Vocals in Black Sabbaths legendären "Paranoid". Pathos fehlt ebenfalls nicht, arbeitet sich Meese doch an Wagner und Nietzsche ab, und Begriffe wie "Wahn", "Gott" oder "Erz" in großen weißen Lettern stehen über Theaterfotos von Klaus Kinski, zwischen die er frech zwei von sich selbst geschmuggelt hat. In seiner Übertreibung und Verdoppelung - Kinski an sich wäre ja schon pathetisch genug, aber da müssen noch aufgeladenere Wörter hinein! - wird allerdings selbst das Pathetischste grotesk, ebenso grotesk wie die Zeichnungen von Nietzsche, dessen ohnehin üppigen Bart Meese noch massiver zeichnet und den er wechselweise als Vampir, als Astronaut oder auch als Ritter darstellt - juvenil und sophisticated zugleich, wie Lehrbuchkritzeleien eines Philosophiestudenten im ersten Semester. Die Juvenilität des Bildes kreuzt Meese mit dem Pathos des Wortes - für die Auseinandersetzung mit den Heroen der deutschen Kulturgeschichte findet er damit einen der besten Ansätze: Ironie. Dass sich dahinter Selbstironie verbirgt, macht Meese nicht nur sympathisch, sondern unterscheidet ihn auch grundsätzlich von den finsteren Herren aus der Metallabteilung.

Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Jonathan Meese - Solo für Onkel Schnapp-Gebiss
16.12.2004 - 29.01.2005

Galerie Krinzinger
1010 Wien, Seilerstätte 16
Tel: +43 1 513 30 06, Fax: +43 1 513 30 06 33
Email: krinzinger@galerie-krinzinger.at
http://www.galerie-krinzinger.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 12-18, Sa 11-14 h


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