Andrea Winklbauer,
Vor der Revolution
Im Jänner 1952 brachen zwei junge Argentinier zu einer Reise über den südamerikanischen Kontinent auf. Das klapprige Motorrad, von den beiden fast beschwörend La Poderosa, die Mächtige, genannt, bricht weit vor dem Ziel zusammen und zwingt ihre Passagiere, ihrem weiteren Weg zu Fuß zu folgen. Trotzdem nennt Ernesto Ché Guevara seine Reiseerinnerungen "Diarios de Motocicleta" - Motorrad-Tagebücher.
"With Ché Through Latin America" heißt dagegen folgerichtig der Bericht seines Freundes und damaligem Reisegefährten Alberto Granado. Das Drehbuch für den Film stützt sich auf beide Bücher, kauft detaillierte Beschreibungen aber eher Granado ab, denn Ché Guevaras "Diarios de Motocicleta" sind stark von nachträglicher Reflexion über diese Reise geprägt, was ihr einen Stellenwert in seiner Legende gibt.
Was wir in diesem Roadmovie zu sehen bekommen, ist nicht Ché, der Revolutionär, dessen Porträt Poster und T-Shirts ziert, sondern der junge Arzt Ernesto Guevara. Die Reise beginnt als Abenteuer einiger junger Bourgois und endet in Besinnlichkeit. Dazwischen liegen tausende Kilometer Bewegung über einen Kontinent in Unterdrückung und Not. Sie markieren den Wechsel von jugendlicher Unbeschwertheit zu einem Gefühl sozialer Verantwortung.
Trotzdem hat der Film etwas Leichtes, was vielleicht einfach daran liegt, dass er nicht sehr politisch ist. Immerhin ist es unterhaltsam, wie sich Ernesto Guevara und Alberto Granado ohne Geld und mit gelegentlichen Notlügen durchschlagen, sieht man davon ab, dass Ernesto immer nur in einem Buch liest, wenn sein Kumpel mal wieder Sex hat. Legenden haben sowas wohl nicht.
DIARIOS DE MOTOCICLETA/THE MOTORCYCLE DIARIES
USA/D/GB 2004
Regie: Walter Salles
Darsteller: Gael García Bernal, Rodrigo de la Serna, Mía Maestro u.a.
126 Minuten
www.motorcyclediaries.net
Mehr Texte von Andrea Winklbauer