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Peter Eisenman - Barfuß auf weiß glühenden Mauern: Entspannt diagrammatisch

Wie stellt man das Werk eines Theoretikers der konstruktiven Modernekritik aus, der ab und zu auch mal was baut? Zuletzt zum Beispiel das Holocaust-Mahnmal in Berlin, dessen letzte Beton-Stele in Anwesenheit des Architekten am Tag nach der MAK-Vernissage feierlich gesetzt wurde. Vorausgegangen waren 15 Jahre manchmal lähmender Diskussionen, zuletzt über die Frage, ob eine Firma, in der ein am Nazi-Genozid beteiligtes Unternehmen aufgegangen ist, den Anstrich liefern darf, der die Stelen gegen Graffiti schützen soll. Eisenman bewies in dieser Sache Gelassenheit und einen Humor, der dem gegenwärtigen Deutschland weitgehend fremd ist. Dieselbe Gelassenheit zeigt die Wiener Ausstellung. Eisenman widerstand als Gestalter seiner eigenen Personale der Versuchung, sein Werk enzyklopädisch zu präsentieren, und machte die Installation zum Exponat. Wiederum prägen Stelen die Raumstruktur, diesmal 30, in weiß gestrichenem Rigips, spärlich und indirekt beleuchtet, begehbar und 2,55 m hoch, darüber eine Zwischendecke in der Ausstellungshalle. An wenigen Stellen öffnen sie sich in die Vertikale und lassen Durchblicke zur Glasdecke zu, die einem auf einmal aufregend und neu vorkommt. Eisenman geht es um das Diagrammatische, wie er es, neben in der Ausstellung zu sehenden eigenen Planungen der letzten 30 Jahre, auch in Strukturanalysen von Piranesi- und Palladio-Zeichnungen und -bauten herausdestilliert. Architektur legitimiert sich für den Sinnesmenschen, der beim Pressetermin unter heftigem Beifall Einzelner seine Liebe zu Frauen, Fußball und gutem Essen pries, erst durch eine übergeordnete Theorie. "Architecture for me is foreground, not background", und somit eine komplett andere Modernereflexion als z. B. die von Hermann Czechs "Architektur ist Hintergrund". Umso bemerkenswerter, dass sich der kryptische Ausstellungstitel als sinnfreie Assoziation Eisenmans aus seinem lange zurückliegenden Deutschunterricht entpuppt.
Mehr Texte von Iris Meder †

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Peter Eisenman - Barfuß auf weiß glühenden Mauern
15.12.2004 - 22.05.2005

MAK - Museum für angewandte Kunst
1010 Wien, Stubenring 5
Tel: +43 1 711 36-0, Fax: +43 1 713 10 26
Email: office@mak.at
http://www.mak.at
Öffnungszeiten: Di 10-21, Mi-So 10-18 h


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