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Schiele Landschaften: Der Trick mit dem Knick

Nach den Klimt-Landschaften vor zwei Jahren in der Österreichischen Galerie kriegen wir jetzt Schiele-Landschaften im Leopold Museum. Die Idee ist nicht schlecht. In beiden Fällen machen die Landschaftsbilder einen nicht unwesentlichen Teil des Gesamt-OEuvres aus. Landschaftsbilder erfordern vom Maler eine andere Art der Auseinandersetzung mit seinem Motiv als die übrigen Genres der Malerei. Erst die Wahrnehmung durch einen Betrachter macht einen Naturausschnitt zur Landschaft. Die Konstruktion Landschaft ist eng verwandt mit der Komposition Bild. Es war daher in der Ausstellung über die Klimt-Landschaften, wo genau dieser Vorgang der Landschaftswahrnehmung / Bildentstehung thematisiert wurde, tatsächlich erhellend, über diesen sonst vernachlässigten Teil eines wichtigen OEuvres etwas über die Geheimnisse seiner Entstehung zu erfahren. Schön wäre, wenn sich das mit der von Rudolf Leopold selbst kuratierten Ausstellung über Egon Schieles Landschaften wiederholen ließe. Versucht hat er es offensichtlich. In der Ausstellung gibt es einen Raum, in dem Stadtlandschaften aus dem mittelalterlichen böhmischen Städtchen Krumau gezeigt werden. Fast jedes der Bilder wird von einem Foto des Motivs begleitet. In der Mitte des Raumes gibt ein begehbarer Stadtplan an, wo im Stadtgefüge sie zu finden wären. Man sieht die Bilder an, dann die Fotos, begibt sich meinetwegen zum Plan und weiß jetzt, dass Schiele die Motive verändert hat und wo die Häuser in Krumau stehen, und weiter? Weiter ist nichts. Kein Geheimnis tut sich auf, nicht einmal zufällig. Dafür brennt sich die Wandgestaltung in die Netzhaut ein: Braun mit Struktur. Das hält selbst die stärkste Krumau-Landschaft nicht lange aus. Auch die Hängung trägt nicht gerade zur Erleuchtung bei. Und selbst wenn einmal zwei Versionen exakt desselben Motivs wie "Häuserbogen I" aus dem Israel Museum in Jerusalem und die Leopold-Version "Häuserbogen II", beide 1915 entstanden, neben einander zu hängen kommen, kann man sie nicht vergleichen, weil sie durch einen Knick in der Stellwand nach außen nicht gleichzeitig zu sehen sind. Wir freuen uns also schon, wenn einmal ein Kunsthistoriker eine Ausstellung über Schiele-Landschaften kuratieren darf.
Mehr Texte von Andrea Winklbauer

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Schiele Landschaften
17.09.2004 - 31.01.2005

Leopold Museum
1070 Wien, Museumsquartier
Tel: +43 1 525 70-0, Fax: +43 1 525 70-1500
Email: leopoldmuseum@leopoldmuseum.org
http://www.leopoldmuseum.org
Öffnungszeiten: Mi-So 10-18 h


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