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Gerwald Rockenschaub - 4296 m3: Die Fron der Form

Abermals greift das Wiener Mumok zu seinem bewährten Plazebo. Gegen die Midlife Crisis verabreicht es die Midcarreer Survey, und wer weiß, wofür es gut ist. Nach Heimo Zobernig vor zwei Jahren rankt sich der Überblick zur Lebensmitte diesmal um Gerwald Rockenschaub. Der ist ebenfalls ein eher Strenger und bei aller Spezifität ein den Medienübergriff zum Design nicht Scheuender. Der seinerseits höchst opulente Katalog erstattet in beflissener Chronologie bilderreich davon Bericht. Allein für solche Buchwerke lohnen sich zwanzig Jahre Arbeit. Die Fron der Form ist Rockenschaubs künstlerische Signatur. Wenn er es mit lautstarkem Schweigen probiert und sich aufs Plattenauflegen beschränkt; wenn er durchaus deutlich mit den Signalen und Slogans der PR-Arbeit kokettiert; oder wenn er auf die Observanz des Farblosen und geometrisch streng Geregelten setzt: Die Gestalten und Gestaltungen wollen stets ungeschehen machen, dass es sie gibt, weil es sie schon einmal gab. Ob er das Innovative in den Vordergrund rückt oder das Puristische, das unmittelbar Eingängige oder das skrupulös Konstruierte: Rockenschaub ist ein Evidenzhersteller. Vom Knalligen über das Unmittelbare zum Reduktiven hat die Ausstellung alles, und sie hat es simultan. Nur zwölf Arbeiten sind zur Präsentation gekommen, doch sie fügen sich zueinander, als wär`s eine Performance. Aufblasbares aus PVC und Aufgestelltes aus Plexiglas, zwei ganz neue Plastik-Vorhänge und zwei ganz frühe Neo-Geo-Täfelchen samt aus ganz anderem Zusammenhang stammender, doch jetzt wie dafür erfunden wirkender Kordel, eine Video-Black-Box und wenig mehr inszenieren Rockenschaubs typische Attitüde des Autors als Produzenten. Das sieht nach Konstruktivismus aus, und wenn man von dem Fenster aus, das Rockenschaub eingebaut hat, in die Black Box schaut, dann hat man Malewitschs Schwarzes Quadrat. Boris Groys hat einst über Malewitsch resümierend geschrieben: "Der avantgardistische Künstler produziert nicht neue Dinge für ein altes Sehen, sondern er produziert ein neues Sehen für die alten Bilder." Das schwarze Quadrat ist entsprechend eine immer schon dagewesene Form; was Malewitsch treibt, ist nichts anderes als Appropriation. Als Rockenschaub anfing, war die Appropriation Art in voller Blüte. Und es sieht so aus, dass das Wissen, dass es nichts zu erfinden, sondern nur etwas anzueignen gibt, den Motor seiner Arbeit liefert. Rockenschaubs Fron der Form lebt von der Fron dieses Wissens.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Gerwald Rockenschaub - 4296 m3
19.11.2004 - 13.02.2005

mumok - Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien
1070 Wien, Museumsquartier, Museumsplatz 1
Tel: +43 1 52 500, Fax: +43 1 52 500 13 00
Email: info@mumok.at
http://www.mumok.at
Öffnungszeiten: Täglich: 10.00–18.00 Uhr, Do: 10.00–21.00 Uhr


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