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Amelie von Wulffen: Abtauchen im Nachkriegszimmer

Wenn von Amelie von Wulffen die Rede ist, ist oft von Erinnerung die Rede. Und tatsächlich: in ihren neuen Arbeiten hat sie Fotografien von (vielleicht nicht immer ganz) großbürgerlichen Heimen auf bemalte Papiere montiert. Vitrinen mit Nippeszeug und Familiengeschichte bebildernden Fotografien tragen an der Innenwand Spiegel, in denen sich entweder der Wohnraum verdüstert oder durch Doppelbelichtung ein Außenraum eröffnet - im Rückspiegel sieht die Vergangenheit oft ganz anders aus als in der vergangenen Gegenwart. Erinnerte von Wulffen früher bereits an kollektive öffentliche Räume, so sind es nun die privaten Räume und die familiären Mythologien. Mit eigenen Befindlichkeiten hat das indes wenig zu tun. Wenn von Amelie von Wulffen die Rede ist, ist dementsprechend oft von Räumen die Rede: "Räume sind", konstatierte Isabelle Graw in Zusammenhang mit von Wulffens Arbeiten, "so etwas wie ständige Begleiter, die sich an das Denken heften." Kein Erlebnis, keine Erinnerung, die wir abstrakt denken könnten. Oft verbinden wir diese mit Farben, Gerüchen, Geräuschen. Und so verdichtet Amelie von Wulffen ihre Fotografien weiterführend, oder sie zerstreut und verdünnt sie: an der "Vitrine Stockdorf" wird in engen Pinselstrichen braun und schwarz weitergefärbelt, ein gewundener Treppenaufgang schießt dynamisch heller werdend nach vorne. Wenn von Amelie von Wulffen die Rede ist, ist eher nicht vom Abtauchen die Rede. In einer ihrer Collagen findet sich unvermittelt ein Foto von einer dunklen Unterwasserlandschaft; ihr eigenes Gesicht erscheint, mit schwarzer Farbe bemalt, immer wieder auf kleineren Fotos hinter schwebenden Spitzendeckerln, der Insignie Nachkriegs-bürgerlicher Häuslichkeit oder hinter aber exotischen Büsten, kolonialistisches Demonstrationsobjekt eigener Weltoffenheit. Taucht auf und gleichzeitig unter hinter ikonischen Zeichen, denen Aussagen über ein lange vergangenes bourgoises Selbstbild aufgeprägt sind. Räume und Arrangements wie die in Arbeiten von Amelie von Wulffen fanden so oder so ähnlich überall statt, erzählen in ihrer Allgemeingültigkeit viel über das Feeling einer ganzen Generation. Und belasten das Erinnerungshandgepäck einer nachfolgenden.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Amelie von Wulffen
09.09 - 30.10.2004

Gabriele Senn Galerie
1040 Wien, Schleifmühlgasse 1 a
Tel: +43 1 585 25 80
Email: office@galeriesenn.at
http://www.galeriesenn.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 11-17h, Sa 11-14h


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