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Nur ja kein Verständnis für diese Heuchler

Ein Bundespräsident ist gestorben. Ein Mensch von ziemlich weit unten, der es geschafft hat ganz nach oben zu kommen. Mit Ehrgeiz, Ausdauer, Können, Wissen. Er war sendungs- und verantwortungsbewusst, fleißig, eitel, zornfähig, trotzig, bockig, stolz. Und in den letzten Jahren ein mehr und mehr sich zurückziehender und vereinsamender kranker Repräsentant. Er war also ein erfolgreicher Mensch mit polarisierenden Ecken und Kanten, einer mit manchmal heiklen Fehlern für, aber auch einer mit großen Verdiensten um unser Land. Somit ein durchaus außergewöhnlicher Mensch an exponierter Stelle, der es verdient hätte, anlässlich seines Ablebens auch entsprechend gewürdigt zu werden. Statt dessen quoll nur Unsägliches aus den zahllosen Nachrufmäulern. Diese Schleimer und Heuchler und Lügner und Wahrheitsverdreher und Schönfärber und Beweihräucherer und Hochlober und Tränenverspritzer aus dem klerikalen, politischen, medialen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Establishment - sie waren einfach alle (abgesehen von vereinzelten Ausnahmen wie z.B. BM Häupl) zum Kotzen. Muss die so genannte Elite unseres Landes einen Menschen wirklich so desavouieren, dass man ihn nach seinem Tod noch einmal mit hemmungsloser öffentlicher Schleimerei niedermeuchelt? Kein Schamgefühl mehr? Kein Anstand? Will es sich unsere Führungsgesellschaft wirklich leisten auf eine minimale Kultur des Nachrufs zu verzichten? Und zu lügen, dass sich die Sargbretter biegen? Statt z.B. die "grundsätzliche Möglichkeit auf eine ausgeglichene Beziehungsbilanz, die auch in einer feindseligen Auseinandersetzung steckt..." (Michael Fleischhacker, "Die Presse") ins Auge zu fassen? Eines freut mich jedenfalls - dass all diesen schamlosen Nachruflern genau so schamlos nachlobgegeifert werden wird, und es beruhigt mich ganz außerordentlich, dass ich keine Person öffentlichen Interesses bin. Irgendwie hätte ich nämlich sonst überhaupt keine Lust mehr zu sterben.
Mehr Texte von Manfred M. Lang

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