building < against. Revoltierende Stoffe, widerständige Bauten, zukünftige Welten: Bauen gegen das Bauen
Diverse Holzplatten lehnen an den Wänden, Regale voll mit Baumaterialien, Metall- und Holzteilen stehen herum, ein Akkuschrauber surrt, eine Nähmaschine rattert. Ausstellungsaufbau könnte man meinen, doch die Schau building < against in der Kunsthalle Exnergasse ist längst eröffnet bzw. eine Ausstellung in Bau.
In Österreich wird täglich eine Fläche von rund 11 Fußballfeldern verbaut und damit z.B. der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen. In dicht verbauten Städten, in denen ohnehin wenig öffentlicher, ohne Konsumzwang nutzbarer Raum zur Verfügung steht, werden selbst die wenigen noch verfügbaren Brachen der kapitalistischen Verwertungslogik folgend der Bau-Wut geopfert. Verbleibender Zwischenraum ist nur noch unter Einhaltung vorgegebener Regeln nutzbar und bietet kaum Platz für kreative, gemeinschaftliche Initiativen.
building < against, konzipiert von Lisa Bolyos, Cäcilia Brown, der Bussi Gruppe, Tomash Schoiswohl und Julia Wieger will diese Logik aufbrechen und Alternativen aus künstlerischer Sicht präsentieren, die neben Systemkritik auch Aktivierungen außerhalb des Kunstfelds ermöglichen. Sebastian Haaf etwa gießt Wellenverbund-Betonsteine, die üblicherweise als Bepflasterung für stark beanspruchte Verkehrswege verwendet werden. Durch die Einbettung von Fossilien, Mineralien und weiteren Materialien in die Betonsteine verändert er den Gussprozess wodurch sich die Interventionen wiederum fortschreiben und die Bedeutung menschlicher Eingriffe in die Umwelt thematisieren. Sophia Hatwager untersucht unterschiedliche Alltagsmaterialien wie Brot oder Kleidung auf ihre Eignung um daraus Ziegel herzustellen. Folke Köbberling experimentiert mit dem Ausgangsmaterial Wolle als Bau- und Dämmmaterial.
Otto Mauer-Preisträgerin Cäcilia Brown hat für die Ausstellung Kleinplastiken beigesteuert und das Displaysystem der Ausstellung aus Hüfistangen, Rohren und Brettern mitentwickelt. Die Stangen werden traditionell zur Trocknung von Heu auf Wiesen aufgestellt und können durch ein System aus Bohrungen auch zu größeren Regalsystemen verbunden werden. Brown sieht ihre Rolle nicht nur als Künstlerin, sondern auch als aktive Teilnehmerin an dem umfangreichen Programm mit Workshops und Aktionen, das für die Ausstellung entwickelt wurde.
building < against bildet auch einen aktivistischen Ort des Austauschs und der Vernetzung. Die Bussi Gruppe, die schon seit vielen Jahren an der künstlerisch-aktivistischen Belebung von Bau-Brachen arbeitet, hat im Rahmen der Ausstellung einen „Bussi-Beginner-Workshop für Aneignung im öffentlichen Raum“ durch Teile des 17. Bezirks veranstaltet. Die anfangs erwähnten Bretter und Baumaterialien sind jedenfalls nicht zur Behübschung in den Ausstellungsraum gebracht worden. In einem mit „Werft“ betitelten Teil des Ausstellungsraums kann nämlich gesägt, gebohrt und gebaut werden. Aktuell steht dort eine ca. zwei Meter lange und rund einen Meter hohe Kiste, die noch fertiggestellt werden muss. „Besetzungsschatulle“ nennt Tomash Schoiswohl das Gebilde, das am ehesten mit einem Notbiwak am Berg vergleichbar ist. Schoiswohl setzt sich in seiner künstlerischen Praxis schon seit mehr als 20 Jahren mit Strategien der Aneignung des öffentlichen Raums auseinander. Sein Hauptaktionsort ist der Matzleinsdorferplatz, der an der Grenze zwischen dem 5. und 10. Wiener Gemeindebezirk liegt und mehr komplexer Verkehrsknoten als nutzbarer Platz ist, vor allem durch die aktuellen Bauarbeiten für die Verlängerung der U-Bahnlinie 2. In vielen seiner Aktionen wurden Nutzungsmöglichkeiten für Anrainer erkundet, Konzepte entwickelt und der Platz symbolisch besetzt bzw. aktiviert. Seine Erfahrungen fließen auch in Aktionen ein, die auf einer der größten Brachen der Stadt Wien aktuell stattfinden. Das Areal des ehemaligen Schlachthofs St. Marx, gleich neben der bekannten Eventlocation Marx Halle wurde in den vergangenen Jahren von unterschiedlichen Initiativen genutzt, Gemeinschaftsgärten, ein Basketball- und ein Skateplatz wurden angelegt. Die Stadt Wien plant auf dem Areal die Errichtung einer großen Veranstaltungshalle in Kooperation mit einem internationalen Eventkonzern. Dafür müssen die kleinen Initiativen weichen.
Der Kampf um dieses Areal ist verloren, trotzdem wird zum Ende der Ausstellung am 25. Oktober eine Prozession von der Kunsthalle Exnergasse nach St. Marx ziehen.
Mehr Texte von Werner Remm 25.09. - 25.10.2025
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