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John Smith - Being John Smith: Der Name von 30.000 Briten

Lange Zeit habe ich mich über meinen Namen geärgert. Erst war es der Nachname, die Berufsbezeichnung, die mir diverse „Nomen est Omen“ – Nachstellungen bescherte, und bei der ich jetzt darauf warten kann, dass die Profession, für die sie steht, ohnedies dem Klimawandel zum Opfer fällt. Jetzt ist es der Vorname, der bombensicher auf ein Geburtsdatum verweist, als ein Operettenherrscher von der Côte d’Azur eine Hollywood – Schönheit ehelichte, ein Vorname, der eher eine Diagnose denn eine Bezeichnung ist, so etwas wie Kevin in den 1980ern oder heutzutage Leon.

Damit zu Smith, John Smith. Wenn man auf der englischen Wikipedia – Seite die „Disambiguation“ dazu durchscrollt, hat man einige Minuten zu tun. Manche, die so hießen, haben sich um eine Zusatzidentifikation zwischen Vor- und Nachnamen gekümmert, ein Maler des 19. Jahrhunderts etwa verpasste sich ein „Rubens“, nachdem sein Vater sich schon ein „Raphael“ besorgt hatte. Der John Smith, um den es hier endlich gehen soll, hat auf so etwas verzichtet. Dafür hat er das Beste getan, was sich tun ließ. Er hat einen wunderbaren, sehr seinem heimatlichen Idiom verpflichteten, entsprechend selbstironischen, vordergründig im Motiv und hintergründig im Witz beheimateten Film gedreht, der jetzt ein Glanzlicht in der Secession setzt – in einer der besten Präsentationen dort in den letzten Jahren. „Being John Smith“ heißt der Film und heißt die Ausstellung, die dieses jüngst entstandene Werk entsprechend ergänzt mit weiteren Beispielen aus dem Hause Smith.

Wie es sich also lebt, wenn man John Smith heißt, umkreist der 25Minüter in perfekt heiteren Episoden, die das momentan gängige literarische Prinzip Autofiktion ins Video übersetzen. John Smith in diesem Fall ist Jahrgang 1952, wurde schon früh als, wie man das seinerzeit nannte, „Avantgardefilmer“ bejubelt, gern mit dem Zusatz, er solle sich doch einen spezifischeren Namen zulegen. Zwischenzeitlich kokettierte er mit einem mütterlichen Fletcher. To make a long story short: Der Film endet mit einem Besuch bei einem Konzert von Pulp, Jarvis Cocker war zeitweise Student bei Smith am Saint Martins College of Art, sein Lehrer nahm Pulps Blockbuster „Common People“ auf und vollzieht mit dem Mitschnitt eine Art Schlussbeifall. Es kommt zusammen, was zusammengehört. Und unsereiner, dem der Kunstbetrieb lange Zeit eine Art Ästhetik der Empfindsamkeit auferlegte, der Solidarität zu zeigen hatte mit Menschen, die doch auf einer anderen Seite der Hemisphäre unbehaust sind, unsereiner darf sich endlich einmal wieder gemeint fühlen.

Mehr Texte von Rainer Metzger

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John Smith - Being John Smith
12.09. - 16.11.2025

Secession
1010 Wien, Friedrichstrasse 12
Tel: +43 1 587 53 07, Fax: +43 1 587 53 07-34
Email: office@secession.at
http://www.secession.at
Öffnungszeiten: Di-So 14-18 h


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