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Claudia Hart - Patterns and Politics: Digitale Muster einer alternativen Geschichtsschreibung

Im Frühjahr dieses Jahres zeigte die Kunsthalle Wien die Ausstellung Radical Software: Women, Art & Computing 1960–1991 der die Bedeutung von Künstlerinnen in der Entwicklung der Medien- und Computerkunst gewürdigt wurde. Seit Ada Lovelace, der ersten Programmiererin des 19. Jahrhunderts wurde die Rolle von Frauen in der Entwicklung der Mathematik und nachfolgend im Computerzeitalter und nicht zuletzt in der Kunst lange Zeit kaum gewürdigt und erst in jüngster Zeit, finden ihre Leistungen entsprechend Anerkennung. Knapp fünfzig Namen umfasste die Liste der gezeigten Künstlerinnen und war doch nur ein kleiner Teil der vielen Pionierinnen in diesem Feld.

Claudia Hart, US-Amerikanerin, ist eine der vielen Frauen, die bisher viel zu wenig Anerkennung erfahren haben. Sie gehört zu den führenden Medienkünstlerinnen in Computeranimation und 3-D Visualisierung und erhält nun im Linzer Francisco Carolinum ihre erste (!) umfassende institutionelle Retrospektive. Kuratiert von Julia Staudach, vereint die Ausstellung Werke aus den 1990er Jahren bis zu aktuellen Produktionen. Immerhin wurde in Linz im Jahr 1995 mit einem Besuch der Ars Electronica  die Grundlage für Harts intensive Auseinandersetzung mit digitaler Kunst gelegt. Davor hatte sie im selben Jahr auf der Berlinale den 3-D Animationsfilm „Toy Story“ gesehen. Hart erkannte das Potential der neuen Technologie und begann mit Begeisterung ihre ersten Arbeiten im virtuellen Raum zu entwickeln. Als Absolventin eines Architekturstudiums an der M.S. Columbia University Graduate School of Architecture eröffnete ihr die Simulationstechnologie die Möglichkeit, das „Erschaffen von Welten“ und ihre Ideen des Storytelling zu verbinden.

Von Beginn an nutzte Claudia Hart die ursprünglich vom Militär entwickelte und dann von der Gaming-Industrie übernommene Software-Entwicklungen um ihre künstlerische Position zu der männlich dominierten Game-Developer-Szene aufzubauen. Ihre erotisch aufgeladenen Charaktere hinterfragen und konfrontieren gesellschaftliche Normierungen. Die wieder an Momentum gewinnende „bro-culture“ in der Tech-Szene und die aktuelle Politik in den USA verknüpft Hart mit historischen Narrativen und gescheiterten Utopien. Toxischer Männlichkeit setzt Claudia Hart eine starke feministische Position entgegen, in der Technik und Software Teil der Lösung und nicht des Problems ist. Im Jahr 2021 veröffentlichte sie das Feminist Manifesta of the Blockchain in dem sie das Ende der alten Hegemonien des Internet fordert um Identität und ihre Politiken im Sinne Donna Harraways an eine gemintete, frei wählbare Identität auf einer Blockchain zu verknüpfen.
Claudia Hart gilt als Vorreiterin beim Einsatz von Virtual Reality. In ihren Inszenierungen verschmilzt sie Live-Performance mit 3D-Visialisierungen, Motion Tracking, Virtual-  und Augmented Reality und schafft so ein dichtes sensorisches Gesamtkunstwerk, einen zeitlosen ephemeren Erlebnisraum zwischen Realität und Virtualität.

Claudia Hart schafft ihre künstlerische Auseinandersetzung mit Politik, Technologie und Gesellschaft dabei immer aus dem Blickwinkel einer Historikerin, die Gegenwart als Produkt der Vergangenheit und Zukunft als Produkt der Gegenwart begreift. In diesem Verständnis bricht Hart  in ihren Simulationen die Zeitachsen auf und kreiert so räumlich und zeitlich verdichtete Szenarien einer Welt jenseits des herrschenden Technokapitalismus.

Mehr Texte von Werner Remm

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Claudia Hart - Patterns and Politics
28.08.2025 - 08.02.2026

FC - Francisco Carolinum
4010 Linz, Museumstraße 14
Tel: +43 732 7720 522 00
Email: info@ooelkg.at
https://www.ooekultur.at
Öffnungszeiten: Di-So, Fei 10-18 h


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