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Goya - Die grafischen Zyklen: Das Trauma der Vernunft

Selten passiert es in einer Ausstellung eines Künstlers, der, grob gesagt, vor zweihundert Jahren gearbeitet hat, dass man so schnell den Anschluss findet an seine Themen und selbst an seine Formensprache. Letzteres Phänomen lässt sich vermutlich auf die Tatsache zurückführen, dass die graphischen Zyklen bis ins 20. Jahrhundert hinein von anderen Künstlern, darunter Max Klinger oder Alfred Kubin, rezipiert worden sind und wir uns über diese Vermittlung an sie gewöhnt haben. Es ist nicht die Art von Gestaltung, die wir heute schick oder cool finden würden, trotzdem kommen wir mit ihr zurecht. Dafür sind aber auch zu einem Großteil die Inhalte verantwortlich, die bei Goya in den meisten Fällen etwas Brutales haben. Die Themen seiner Zyklen "Los Caprichos", "Los Desastres de la Guerra" und "Los Disparates" kreisen um bösartige oder dumme menschliche Verhaltensweisen, die Schrecken des Krieges und psychologische Themen. Goya wendet sich in ihnen leidenschaftlich gegen Dummheit und Brutalität, berücksichtigt dabei stets das subjektive Erleben des Einzelnen und ist mit beidem ein Kind seiner Zeit, der Aufklärung wie der Romantik. Andererseits ist Goya auch der bedeutendste Vorläufer jeder Art von politisch oder gesellschaftlich kritischer und engagierter Kunst. Wie entscheidend die Themenwahl für unsere heutige Rezeption seines graphischen Werkes ist, lässt sich dankenswerter Weise in der Ausstellung selbst überprüfen. Gezeigt werden nämlich nicht nur die drei schon genannten, bedeutenden Zyklen, sondern auch zwei weitere, "La Tauromaquia" und "Radierungen nach Vel‡zquez". Während es sich bei den Blättern nach Velázquez überhaupt nur um langweilige Repräsentationsporträts handelt, zeigt die "Tauromaquia" eine kleine Geschichte in Bildern des Stierkampfes in Spanien, inklusive eines Abrisses über einige ihrer Protagonisten und deren Heldentaten. Man bewundert Goyas Fähigkeiten als Radierer, freut sich an den dramatischen Szenen, aber wenn man kein besonderes Faible für den Stierkampf hat, ist das Interesse damit auch schon erschöpft. Anders ist das mit "Los Caprichos", "Los Desastres de la Guerra" und "Los Disparates". "Dummheit in Säcken", heißt eines der Blätter aus "Los Disparates". Mit schwarzem Humor wie diesem ist Goya uns so nah, als wäre er persönlich da.
Mehr Texte von Andrea Winklbauer

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Goya - Die grafischen Zyklen
04.06 - 20.09.2004

Leopold Museum
1070 Wien, Museumsquartier
Tel: +43 1 525 70-0, Fax: +43 1 525 70-1500
Email: leopoldmuseum@leopoldmuseum.org
http://www.leopoldmuseum.org
Öffnungszeiten: Mi-So 10-18 h


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