Darren Almond - Live Sentence: Im Gefängnis

Eine eigenartige, sehr melancholische Eröffnungsausstellung: Stella Rollig, die neue Direktorin des Lentos, hat den Linzer Museumsbau vom britischen Künstler Darren Almond (Jg. 1971) mit der unweit gelegenen Linzer Justizanstalt kurzschließen lassen. Nie zuvor ist mir die Ähnlichkeit der Dispositive Kunstmuseum und Gefängnis so drastisch vor Augen geführt worden. Das langgestreckte Gebäude durchziehen nun zwei parallele Raumfluchten. Auf der einen Seite herrscht das herkömmliche Weiß der Galerien, in hellstem Licht hängen dort expressionistische Gemälde, artig gereiht. Die andere Raumflucht ist grau gestrichen und duster, fünf große gerahmte Projektionsleinwände - sie sehen aus wie monumentale Kaminbilder - stehen herum und zeigen menschenleere Innenräume, Wanddetails, Türen und Treppen. Über die Tonspur sind Geräusche zu hören, nichts bestimmtes, es ist eher der Hall und das Klappern der Dinge, die "Gefängnis" evozieren. Dazu gesellt sich noch eine überdimensionale digitale Uhr, die mittels eines pneumatischen Systems zwar in Echtzeit ihre Zahlenstriche ändert, nur ablesen kann man sie nicht. Aber wozu auch? Das ideale Kunstmuseum ist ebenso wie das ideale Gefängnis zeitlos, menschenleer und still. Alle Dynamik und Emotion ist gebändigt - entweder an die Wand gehängt oder hinter die Tür gesperrt. Gewalt ist unnötig, als Display sind beide Räumlichkeiten für das körperlose Auge hergerichtet. Es war übrigens ein Linzer, Herbert Bayer, der dies in den 20er Jahren für den Ausstellungsraum idealtypisch skizzierte. An seinen panoptischen Blaupausen hätte auch Jeremy Bentham, der frühe Gefängnisvisionär seine Freude gehabt. Welche Schlüsse sollen wir ziehen?

Mehr Texte von Vitus Weh

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Darren Almond - Live Sentence
15.05 - 27.09.2004

Lentos Kunstmuseum Linz
4020 Linz, Ernst-Koref-Promendade 1
Tel: +43 70 7070 36 00
Email: info@lentos.at
http://www.lentos.at
Öffnungszeiten: täglich außer Mo 10-18 Uhr, Do 10-21 Uhr

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