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art karlsruhe: Aufgeräumt und fließend

Auf der art karlsruhe ist weiterhin vieles in Bewegung – sichtbar bereits an der neuen CI: statt dem bisher klar abgegrenzten Gelb und Rot fließen nun Variationen der Farbtöne ineinander. Das Raumerlebnis in den Messehallen hat sich mit dem Antritt der Leitung von Olga Blaß und Kristian Jarmuschek zur 21. Ausgabe der Messe im letzten Jahr gewandelt – nicht zuletzt durch die radikale Reduzierung der Ausstellenden (187 sind es 2025 insgesamt, darunter 25 Neuausstellende). Diese „Aufgeräumtheit“ wird von Galerien wie Besuchenden durchwegs positiv wahrgenommen.

Die Skulptur hat seit den Anfängen der art karlsruhe einen außergewöhnlich großen Stellenwert, doch erhielt sie 2024 mit den ‚sculpture:spots‘ eine zusätzliche Präsentationsfläche. Waren sie letztes Jahr noch an den Wänden platziert, sind die dreidimensionalen Positionen heuer erfreulicherweise in die Mitte der Umläufe gerückt. Dadurch können die Werke zahlreicher großer Namen ganz für sich und abseits des Getümmels in den Hallen betrachtet werden.

Eine spannende Neuerung im Format ‚Privates Sammeln‘ ist die von Stefanie Patruno kuratierte Ausstellung mit Werken von Tamina Amadyar aus der Sammlung Christoph Keller. Die Leinwände der Künstlerin fesseln durch die leuchtenden und gleichzeitig zarten Farbfelder. Der gestische Duktus in großem Format eröffnet Farbräume und lässt vielfältige Assoziationen zu. Inspiration bekommt sie beispielsweise von Architekturformen, die sie auf Spaziergängen sieht, oder Lichterfahrungen an verschiedenen Orten. In ihrer Malerei spürt Amadyar der Atmosphäre ihrer Eindrücke und Erinnerungen nach. Die an die art karlsruhe anknüpfende Präsentation von Werken der Künstlerin in der städtischen Galerie ist best practice für nachhaltige Synergien zwischen privaten und öffentlichen Sammlungen.

Einige Schritte weiter ermöglicht das seit letztem Jahr eingeführte Format ‚academy:square‘ 16 junge Talente aus den baden-württembergischen Kunsthochschulen zu entdecken. Hannah Gebert von der HfG Karlsruhe setzte sich intensiv mit der fast vergessenen Technik des Stuckmarmors auseinander. Es entstanden drei Versatzstücke einer Säule als Intervention in die bestehende Architektur. Das Marmorimitat wird durch ihr Hantieren mit den Materialien (Gips, Pigment und Knochenleim) und ihre Aneignung der Technik real. ‚Fake it till you make it‘ nennt Gebert ihre gesellschaftsrelevante Reflexion über Fake und Authentizität.

Als eine von insgesamt sechs österreichischen Galerien, die alle Zeitgenössisches zeigen, ist die Galerie Sturm und Schober (Wien/Stuttgart) vertreten. Eine Hälfte der Koje widmet sie Paul Thuile im Rahmen des Förderprogramms ‚re:discover‘. Der Künstler zeichnet architektonische Elemente und Objekte auf Wände, die vor dem Abbruch oder der Umgestaltung stehen. Auf eine Wand des Galerienstands hat er großformatig umgedrehte Stühle mit dem für ihn typischen vibrierenden Strich gezeichnet. Die Vergänglichkeit von Thuiles Zeichnungen ist inhärent – sie bleiben nur durch fotografische Dokumentation bewahrt. Beides bildet eine untrennbare Einheit in seinem Schaffen. Das Vorgehen gewährt neue Sichtweisen auf Räume und fügt sich in den Kreislauf von Architektur, an deren Anfang immer die Entwurfszeichnung steht.

Einen Ortswechsel mit Einblicken in die vielfältige unabhängige Karlsruher Kunstszene bietet das ‚Kunstrauschen‘ am Freitagabend. Rund 20 Ateliers, Projekträume und Off-Spaces öffnen ihre Türen. Der Austausch zwischen Messe und städtischem Kunstgeschehen ist so fruchtbar, dass das Kollektiv SurrealLabor, das beim ‚Kunstrauschen‘ 2024 beteiligt war, dieses Mal der Einladung der Karlsruher Galerie Yvonne Hohner Contemporary gefolgt ist und ein überdimensionales silbernes Recycle-Brathähnchen am Spieß samt Grillfeeling vorführt. Ein prominent platzierter Blickfang, der auf aktuelle Themen abzielt und mit einem Augenzwinkern daherkommt.

Es bleibt spannend zu sehen, welche Denkräume sich in den kommenden Jahren auf der art karlsruhe eröffnen werden.

Mehr Texte von Hannah Reisinger

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art karlsruhe
20 - 23.02.2025

Messe Karlsruhe
76287 Rheinstetten/Karlsruhe, Messeallee 1
http://www.art-karlsruhe.de
Öffnungszeiten: 11-19 Uhr, Freitag 11-20 Uhr


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