Offen und vernetzt
Das Kunsthistorische Museum unter Jonathan Fine
Jonathan Fine, der am 1. Jänner 2025 das Amt des Generaldirektors von Sabine Haag übernommen hat, will das Kunsthistorische Museum und den gesamten KHM-Museumsverband „zugänglicher machen“. Bei derzeit gut 2 Millionen Besucher:innen pro Jahr ist das schon eine Ansage. Außerdem will der neue Direktor dem Museum eine Runderneuerung auf allen Ebenen verpassen. „ReMastering“ ist das Stichwort dafür. Das kommt eigentlich aus der Musikbranche und bezeichnet das Aufpeppen bzw. verbessern bestehender (alter) Aufnahmen mit digitalen Mitteln.
Das „Zugänglich machen“ meint Jonathan Fine einerseits ganz wörtlich, denn der Haupteingang des KHM am Maria-Theresien-Platz ist (immer noch) nicht barrierefrei zu erreichen. Das soll mit einem Umbau bei laufendem Betrieb geschehen. Detaillierte Pläne dazu werden aber erst erarbeitet. Die Zugänglichkeit verlieren muss vorerst einmal das Theatermuseum, dass einerseits ebenfalls barrierefrei werden muss, aber auch neue Räumlichkeiten dazubekommen soll. Noch läuft dort bis 23. Juni die große Johann-Strauss-Ausstellung zum 200. Geburtstag des Komponisten.
Keine größeren Veränderungen plant Jonathan Fine für das Weltmuseum Wien das im Februar mit Claudia Banz eine neue wissenschaftliche Direktorin bekommen wird. Banz wechselt vom Kunstgewerbemuseum der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin nach Wien. Die erste neue Ausstellung dreht sich um die der Geschichte der Hose die mit dem ältesten erhaltenen Exemplar beginnt das immerhin 3000 Jahre alt ist und bis ins Heute reichen soll. Wie der Kolonialismus die immer noch beliebstesten Zimmer- und Balkonpflanzen nach Europa brachte will die Ausstellung „Kolonialismus am Fensterbrett“ zeigen. Noch keine näheren Informationen stellte das KHM zur großen Multimediainstallation der indonesischen Künstlerin Indah Arsyad bereit, die ab Ende Oktober zu sehen sein soll. In The Ultimate Breath kombiniert Arsyad aktuelle Untersuchungen zur Wasserqualität in ihrem Heimatland mit der mythologischen Tradition Indonesiens zu einer raumgreifenden Videoinstallation.
Ebenfalls dem Programm des Weltmuseums zugerechnet wird die Installation Washerwoman der aus Trinidad und Tobago stammenden Künstlerin Shannon Alonzo. Als Hommage an die Frauen der Karibik geschaffen, war die Skulptur zuletzt auf der Liverpool Biennale 2023 zu sehen. Von Mai bis Oktober dieses Jahres wird sie im Theseustempel im Volksgarten zu sehen sein.
Die drei Museen sollen außerdem innerhalb des Museumsverbands enger zusammenarbeiten und durch nicht näher definierte gemeinsame Konzepte und Synergien sichtbarer werden.
Im Haupthaus ist 2025 vom Re-Mastering noch nicht viel zu bemerken. Das Ausstellungsprogramm beginnt in der Kunstkammer mit den erst kürzlich restaurierten Wachsminiaturen von Daniel Neuberger (1621- 1680) der als Bildhauer, Maler, Steinschneider und Literat von 1650 bis 1663 am Wiener Kaiserhof tätig war. Im März geht es dann klassisch weiter mit zwei großen Namen der Sammlung: Pieter Bruegel d. Ä. und Giuseppe Arcimboldo sollen gemeinsam mit Jacopo und Leandro Bassano vom Verständnis von Natur und Zeit in der Renaissance erzählen.
Im September zeigt das Kunsthistorische Museum eine große Malerin des Barock, die bis ins beginnende 21. Jahrhundert von der Kunstgeschichte kaum wahrgenommen wurde. 35 Gemälde sind bisher von Michaelina Wautier als gesichert bekannt, einige davon im Besitz des KHM. Darunter befindet sich das „Bacchanal“, das als eines ihrer Hauptwerke angesehen wird. Es ist vor allem der Kunsthistorikerin Katlijne Van der Stighelen zu verdanken, dass die Forschung nach Werken von Wautier vorangetrieben wurde und auch der Kunstmarkt hat sich der verleugneten Malerin angenommen. So wurde das Gemälde eines jungen pfeifenrauchenden Mannes 2019 bei Christie’s um 759.000 US-Dollar versteigert worden.
Ob die Serie von zeitgenössischen Interventionen im KHM- zuletzt etwa Georg Baselitz, Herwig Zens oder Klaus Mosettig – fortgeführt wird, wollte Jonathan Fine nicht bestätigen.
Wie bei so vielen Wechseln in der Direktion großer Ausstellungshäuser oder Museen, spielt auch die Vokabel „Outreach“ bei Jonathan Fine eine große Rolle. „Offen zugehen“ soll das Kunsthistorische Museum auf sein nationales wie internationales Publikum. Vor allem die Österreicher:innen sollen in Zukunft leichter in den Genuss kommen, ein Werk aus der Sammlung des KHM betrachten zu können, denn Jonathan Fine will Kooperationen mit anderen Museen in Österreich abschließen und Werke aus der Sammlung dort zeigen. „Ein stark vernetztes Miteinander“, solle aus den unterschiedlichen Museen werden. Maßnahmen dazu sollen in den kommenden Monaten ausgearbeitet werden.
