Alfredo Barsuglia - Ansiin: The Painter in Disguise
Die Kunst von Alfredo Barsuglia lässt sich kaum festlegen. Er arbeitet mit unterschiedlichen Medien, schafft fotorealistische Malerei, detaillierteste Zeichnungen, baut Objekte, choreografiert Performances (⤇ hier in der Minoritenkirche Krems) und schafft neue, unerwartete Räume, wie den „Social Pool“, ein kleiner Swimmingpool in der kalifornischen Mojave-Wüste
In der Wiener Dependace der Galerie 3 fällt duch das große Schaufenster schon von der Straße aus ein großes blaues Objekt in Fischform auf, das sich in regelmäßigem Rhythmus aufbläst und wieder zusammenfällt. Menschliche Augen, gebildet von Monitoren, beobachten die Ausstellung und auch die Besucher:innen. Es ist ein indifferentes Werk, das einerseits auffällig den Blick (und den Schritt?) in die Galerie lenkt, in der Ausstellung durch das gleichmäßge Atmen Ruhe verströmt.
„Ansiin“ ist der Name des Objekts und gleichzeitig der Titel der Ausstellung der gleich nach dem Eingang linkerhand aus unterschiedlichen Buchstaben an die Wand geschrieben steht. Fortgesetzt wird die Buchstabenfolge durch höher an der Wand hängende weitere gerahmte Lettern die in ihrer Abfolge das deutschsprachige Alphabet (ohne Umlaute) bilden. Bei näherer Betrachtung scheinen die Buchstaben Gebrauchsspuren wie von oftmaligem Falten und wieder Glätten aufzuweisen – Sprache ist eben dauernd im Gebrauch und wenn man sie zu sehr verbiegt, dann nutzt sie sich ab. Es wären aber nicht Buchstaben die Alfredo Barsuglia gefertigt hat, wären die kleinen Risse und Linien in den schwarzen Buchstaben nicht detailliertest mit Acrylfarbe aufs Papier gebracht. Die Bildtitel der Buchstabendarstellungen verweisen wiederum darauf, dass Ordnungssysteme letztendlich nur Konventionen sind, denn das Bild mit dem Buchstaben „a“ trägt den Titel „b“ und der letzte Buchstabe im Alphabet folgerichtig den Titel „a“.
Auf der gegenüberliegenden Galeriewand finden sich 14 mit „Morphographie“ betitelte, jeweils 60x45 cm messende Leinwände. Die dargestellten Höhen und Tiefen gleichen zerknüllten und wieder ausgebreiteten Papierbögen oder Landschaftsstrukturen, wie man sie von Satellitenbildern kennt. Die wie zufällig entstandenen, jedoch malerisch virtuos ausgeführten Bilder stellen in gewisser Weise den künstlerischen Schöpfungsakt infrage, indem sie letztendlich keinen Bildinhalt transportieren sondern reine Struktur abbilden, dafür aber überdeutlich das Können des Künstlers ins Zentrum stellen.
Perfektionismus in der Malerei zeigt Alfredo Barsuglia auch im kleineren Ausstellungsbereich, wo seine gegenständlichen, in fotorealistischer Manier ausgeführten Arbeiten zu finden sind.
Man muss schon sehr genau hinschauen, um die Tiere, Pflanzen oder Gegenstände, abgebildet vor neutralem Hintergrund, nicht für Fotografien zu halten. Die Erklärung dafür, warum das angeschlagene, etwas ausgelaufene Ei allerdings mit „Karotte“ (2024) betitelt ist, müssen die Betrachter:innen für sich selbst finden. Außerdem lässt Barsuglia die Bilder gerne in den umgebenden Raum ausufern. So werden die im Bild „Urlaub“ (2025) in der rechten oberen Ecke die teilweise sichtbaren Buchstaben „LEE“ erst an der Galeriewand zum „LEER“ ergänzt. Dass die dargestellte, gut gereifte Banane wirklich Lust aufs Reinbeißen macht geht da schon fast unter. An „Malta“ klebt ein massiver Ast, vielleicht gesammelt im Umfeld des Fliegenpilzes, der in der Bildmitte zu liegen gekommen ist, das Detail einer Yuccapalme (Frankreich, 2024) ruht auf einer dunklen Holzleiste die an die Wand geschraubt wurde. Nur der Hahn „Christoph“ (2024) darf ohne weitere Applikation stolz sein Gefieder präsentieren – dafür hängt die Leinwand dem Absturz nahe an einer Ecke.
Damit bricht Alfredo Barsuglia nicht nur mit den Gewohnheiten der Werkpräsentation, sondern auch mit dem Geniekult und dem „Kunst kommt von Können“. Alle Interessierten erwartet in der Galerie 3 ein kluges und unterhaltendes Spiel mit der Wahrnehmung von Kunstwerken und jener des Künstlers in der Gesellschaft.

31.01 - 22.03.2025
Galerie3 Wien
1040 Wien, Schleifmühlgasse 3
Tel: +43 650 3195591
Email: galerie@galerie3.com
https://galerie3.com/
Öffnungszeiten: Di-Fr 11-18, Sa 11-16 h