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Zenita Komad - Heiliger Boden: Ontologie und Spirituelles Verlangen: Auf der Suche nach Existenz, Glaube und Spiritualität

Unter dem Titel „Heiliger Boden: Ontologie und spirituelles Verlangen“ zeigt die Galerie Michael Bella sechzig Arbeiten der Künstlerin Zenita Komad. Thematisch reiht sich die Präsentation in die von der Galeristin Anne Avramut konzipierte achtteilige Serie „Jenseits des Daseins: Conditio humana und das Streben nach sinnvollem Handeln" ein. So waren in der Reihe 2024 bereits Arbeiten von Linda Berger, Teresa Grandits oder Anouk Lamm Anouk zu sehen. Inhaltlich setzen sich die Ausstellungen alle mit den zentralen Themen aus Hannah Arendts 1958 veröffentlichter „Vita activa“ auseinander, einem Klassiker der politischen Theorie und Philosophie, den man als Philosophie- oder Kunsttheoriestudent:in zumindest einmal ausschnittsweise gelesen haben sollte.

Von zentraler Bedeutung sind für Hannah Arendt die drei grundlegenden menschlichen Tätigkeiten, Arbeiten, Herstellen und Handeln, wobei die Kuratorin Anne Avramut Komads künstlerischen Ansatz mit dem Handeln, jenem nach Existenz und Sinnfindung strebenden Raum, kontextualisiert. Zenita Komads Œuvre ist vielschichtig und reicht somit von der Installation und partizipativen Arbeit bis hin zum für sie so zentralen Ausdrucksmittel, der Collage. Um die Komplexität Komads Schaffen einzufangen, scheinen die Galerieräume, eine Wohnung in der Hahngasse im neunten Bezirk, gut geeignet zu sein. Diese behagliche und gemütliche Atmosphäre greift Komad geschickt auf, indem sie die kühlen weißen Wände durch die Integration von Alltagsmöbeln im Stil des 19. Jahrhunderts auflockert. Den Beginn des Handelns und somit der Ausstellung stellt das Schlafzimmer der Wohnung dar. An den Wänden neben dem Bett hängen im Triptychon angeordnet zentral das zerronnene Damoklesschwert sowie an den Flanken „Die Schlafende“ (2025) mit der Aufschrift „You are wherever your thoughts are. Make sure your thoughts are where you want to be“ und der „gebrauchte Rückgrathalter – günstig zu vergeben“ (2024).

Selbstironie und Reflexion sind auch im nächsten Raum unverkennbar. So scheint die wandfüllende Arbeit „Our souls are not hungry for fame, comfort, wealth or power our souls are hungry for meaning“ (2023) in ihrer Bildhaftigkeit die Diskrepanz zwischen der Modernität des 21. Jahrhunderts (Typografie im Bild) und Historie des 19. Jahrhunderts (Schreibmaschine) zu vereinen. Unverkennbar ist auch hier Komads Sarkasmus und Geschick des Infragestellens unterschiedlicher Bedeutungsebenen. Witzig und klug zugleich konzipiert die Künstlerin ihre Arbeiten so, dass sie des Betrachter:innen Spielraum zur Interpretation und Luft zum Handeln lassen. Ein zentrales, in vielen Arbeiten wiederkehrendes Thema ist der Glaube, der in manchen Werken wie dem Objektbild „Gott möge ihnen verzeihen bitte, weil ich kann es noch nicht II“ (2023) oder der Zeichnung „Armer Onkel“ (2024), die den richtenden Jesus mit iPhone in der Hand, aus dem die Apps herauspurzeln, zeigt, zur Geltung kommt.

Begibt man sich durchs Kabinett entlang, vorbei an der schrillen Arbeit „Set your fears on Fire“ (2023) ins Wohnzimmer, so lädt dieses mit den in Petersburger Hängung angeordneten, teils klassizistisch gerahmten Zeichnungen und Objektbildern zum Verweilen ein. Auf der Sitzbank in der Mitte des Zimmers kann man im Rundumblick die vielschichtigen Collagen bewundern, die sich einem großen Fundus an Materialien (z.B. Zeitungsausschnitte, historische Bilder und Aufnahmen, Fotos, Objekte, Notenblätter, Brettspiele) bedienen. Während manche Werke in ihrer Ikonografie an mittelalterliche Stunden- und Gebetsbücher sowie an religiöse Gemälde erinnern, wirken andere wie das Objektbild „Hilfe für diejenigen, die ihre Meinung nicht für sich behalten können“ (2024) wiederum gesellschaftskritisch und belehrend. Von der Wohnzimmerbank aus lässt sich auch das ursprünglich für die ehemaligen Stallungen der Kaiservilla in Bad Ischl (Kulturhauptstadt Europa 2024) konzipierte Objektbild „Gebete gehen weg, wie warme Semmeln“ gut betrachten. Hier wird das Abbild der österreichischen Kaisersemmel zu einer Installation bestehend aus einem Berg von 613 Semmeln weiterentwickelt und bildet somit den dritten Akt und Höhepunkt des Spektakels: die Vereinigung Arendts dreifacher Tätigkeit, dem Arbeiten, Herstellen und Handeln. Aber nicht nur in Hinblick auf Arendts „Vita activa“ ist Zenita Komads Werk vielschichtig interpretierbar. Vielmehr zeichnet sich ihr Œuvre durch die Komplexität und Ambivalenz aus, die uns Betrachter:innen auf die Suche nach Existenz, Sinn, Reflexion, Symbolik und Spiritualität gehen lässt.

Mehr Texte von Désirée Hailzl

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Zenita Komad - Heiliger Boden: Ontologie und Spirituelles Verlangen
13.02 - 10.04.2025

Galerie Michael Bella
1090 Wien, Hahngasse 9/13
Tel: +43 699 10950095
Email: office@galeriemichaelbella.com
https://www.galeriemichaelbella.com
Öffnungszeiten: Mi 13-18, Sa 14-18 h


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