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Magnum. A World of Photography: Wie die Bilder zu uns kommen

Die Stadt Wien hat seit März endlich eine Institution, die sich um die Vermittlung des Mediums Fotografie kümmert. Nicht dass Wien keine Ausstellungsräume für Fotokunst hätte, doch ein offizielles städtisches Ausstellungshaus fehlte bisher. Nach den ersten Ausstellungen im Museumsquartier Wien, hat das Foto Arsenal Wien im März seine Räume neben den Werkstätten der Bundestheater im Arsenal, einem ehemaligen Militärkomplex bezogen. Die Lage hinter dem Hauptbahnhof und dem Belvedere 21 ist etwas abgelegen und nicht besonders gut an das öffentliche Verkehrsnetz angeschlossen, trotzdem hofft Direktor Felix Hoffman, dass genügend Besucher:innen den rund 15-minütigen Spaziergang durch das weitläufige Areal auf sich nehmen.

Die Eröffnungsausstellung wartet mit einem der berühmtesten Namen der Fotogeschichte des 20. Jahrhunderts auf: Magnum. Die Fotoagentur wurde am 27. April 1947 von den vier Fotografen Robert Capa, Henri Cartier-Bresson, David Seymour und George Rodger in New York gegründet und zählt heute, auch in Zeiten der Digitalfotografie zu den wichtigsten Verbreitungsinstitutionen für Bildmaterial von professionellen Fotograf:innen. Gleichzeitig kümmert sich die Institution um das Rechtemanagement ihrer derzeit ca. 50 Mitglieder. In der Ausstellung gibt es einige der ikonisch gewordenen Aufnahmen von Magnum-Fotograf:innen zu sehen, doch geht es nicht um ehrfürchtige Verehrung der meisterlichen Bildwerke, sondern um das Verständnis, wie solche Bilder in die Medien und zu uns kommen.

Der Blick in das Archiv der Agentur lässt die Besucher:innen nachempfinden, wie der Prozess von Bildauswahl und -Bearbeitung die Fotos u.a. von Che Guevara, US-Präsident Richard Nixon und Nikita Chruschtschow oder die Taxifahrt mit Lama(Puppe) von Inge Morath in das kollektive Gedächtnis eingeschrieben haben. Vom Kontaktbogen mit Anmerkungen zur zum gewählten Foto über die ersten Belichtungen mit Anweisungen für die weitere Bearbeitung in der Dunkelkammer bis zum gedruckten Bild in Zeitungen und Magazinen wird deutlich, wie viele Schritte es vom Drücken des Auslösers bis zur Druckerei braucht, damit ein Bild endlich in die öffentliche Wahrnehmung eintreten kann. In unserer Zeit der millionenfachen Handybilder und -Videos die über die Social Media Kanäle auf uns einstürzen, mag dieser Ansatz anachronistisch erscheinen, doch letztendlich vergessen wir gerne, dass auch in den Sozialen Medien vieles, was breiteren Einfluss gewinnt, auf Auswahlprozessen beruht und auf vielfältige Weise bearbeitet wurde. Diese Prozesse vor allem einem jüngeren Publikum zugänglich zu machen, geschieht nicht nur in der Ausstellung selbst, sondern auch in den anliegenden Räumen in denen Vorträge und Workshops abgehalten werden können.

Neben der Hauptausstellung präsentiert das Foto Arsenal aktuell Arbeiten des jungen Österreichers Simon Lehner, der von der Fotografie eine Schnittstelle zur Kunst eröffnet. Lehner generiert aus seinem umfangreichen Bildarchiv Werke an der Schnittstelle von Malerei und Skulptur. Toxische Männlichkeit, Bildbearbeitung und -Verfälschung und die Frage nach der Macht der Auswahl der Bilder sind die Fragen, mit denen sich Simon Lehner auseinandersetzt. Seine Werke entstehen in einem komplexen Prozess digitaler Transformation in einer Mensch-Maschine-Interaktion, in der Lehner jedoch alle Entscheidungen in der Hand behält und nicht etwa an eine KI delegiert. So entstehen komplexe Aussagen zu unserer überbebilderten Gegenwart, deren Anfänge eben auch in der Arbeit der Magnum Fotoagentur liegen. Ein Circulus Vitiosus? Nicht zwingend, so lange es Institutionen wie das Foto Arsenal Wien gibt, in denen diese Prozesse offengelegt werden.

Mehr Texte von Werner Remm

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Magnum. A World of Photography
22.03. - 15.06.2025

Foto Arsenal Wien
1030 Wien, Arsenalplatz, Objekt 19
Tel: +43 1 521890
Email: office@fotoarsenalwien.at
https://www.fotoarsenalwien.at
Öffnungszeiten: wegen Umbau derzeit geschlossen


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