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Care Webs and Cuddles: Man muss sich schon ein bisschen mehr queerstellen

“Kunst braucht Kritik” - während ich im Exnergassen-typischen offenen Layout der Ausstellung stehe, werde ich mir der Wichtigkeit dieses Satzes bewusst. Ich will ehrlich sein. Die Ausstellung “Care webs and cuddles”, kuratiert von Ema Benčíková, ist der Versuch, die Isolation und die Schwierigkeiten queerer und / oder behinderter Menschen mit frechen Sprüchen auf Bonbonrosa Hintergrund an die Öffentlichkeit zu bringen - und ich verstehe es nicht ganz. Die wahrhaftigen, erdrückenden Probleme marginalisierter Menschen sind kein lustiger Slogan. Schon gar nicht, wenn solche Catchphrases leider von Privilegierten oft als Einladung gesehen werden, ebendiese Probleme zu diskreditieren. Natürlich soll Humor kein Privileg weißer, neurotypischer, able-bodied Hetero-Menschen sein, aber im Kontext unserer Zeiten wirkt das ganze ein bisschen verlogen: Während man sich durch diese Ausstellung selber für die Barrierefreiheit der Räumlichkeiten feiert, musste, wie der Falter berichtete, in mehreren Chargen mit Anmeldung eröffnet werden, da die fünf (!) Rollstuhl- fahrenden Gäste, die die Sicherheitsvorkehrungen zulassen, schon fast mit den Beteiligten der Schau erreicht sind.

Der Gedanke genau diese Ausstellung genau jetzt zu machen ist eigentlich genau richtig. Wer weiß, wie lange man das noch machen kann. Aber vor lauter Seelenstreicheln und Nichts-Falsch- Machen-Wollen habe ich das Gefühl, dass zu leise aufbegehrt wird. Es ist nicht fünf vor zwölf, sondern 19:33 und Kickl schwebt wie ein antidemokratisches Damoklesschwert über allen. Aber hey, immerhin ist das “I’m so queer I can’t even sit straight”-Shirt in Kommunismus-rot!
Ich weiß, niemand hat mehr Lust auf die besserwisserische Schwarz(blau)malerei von Gen-Z – aber alles in bekömmliche Pastelltöne zu tauchen kann nicht die Lösung sein. Vielleicht ist solche Kunst für die breite Masse netter anzuschauen, dabei verliert sie aber ihre Dringlichkeit und ihre Ernsthaftigkeit. Das Problem liegt wie immer an der Vermittelbarkeit: Wenn Anderssein nur in sexy Slogans an den alten weißen Mann zu bringen ist, dann ist das wohl besser als gar nicht. Aber ich frage mich, wer die Zielgruppe dieser Zusammenstellung ist. Wer es vorher schon verstanden hat, braucht diese Ausstellung nicht, wer es nicht verstanden hat, wird es dadurch wohl auch nicht tun.
Dabei ist das so wichtig, jetzt mehr denn je. Kunst braucht Kritik. Menschen brauchen Menschen. Menschen brauchen Menschlichkeit.

Mehr Texte von Veronika Metzger

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Care Webs and Cuddles
16.01 - 22.02.2025

KEX Kunsthalle Exnergasse
1090 Wien, Währinger Straße 59, 2. Stiege, erster Stock
Tel: +43 (0)1 401 21-41 oder +43 (0)1 401 21-42, Fax: +43 (0)1 401 21-67
Email: kunsthalle.exnergasse@wuk.at
https://www.wuk.at/kunsthalle-exnergasse/
Öffnungszeiten: Dienstag - Freitag 13:00 - 18:00,
Samstag 11:00 - 14:00 Uhr


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