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Wien, Stadt der Juden - Die Welt der Tante Jolesch: Empfehlung zur Aufarbeitung

"Schwarzwaldgirls sind doch die besten!" Das versprach der letzte Programmpunkt der Revue "Fast ausgelernt", die der Kabarettist Peter Hammerschlag eigens für die Schülerinnen der Schwarzwaldschule geschrieben hatte. Ohne Zweifel genossen die Elevinnen von "Fraudoktor" eine der bestmöglichen Ausbildungen Wiens. Österreicher und Österreicherinnen jüdischer Herkunft wie Eugenie Schwarzwald und Peter Hammerschlag trugen, soviel ist sicher, Entscheidendes zum politischen, wissenschaftlichen und kulturellen Leben der Zwischenkriegszeit bei. Vom Verlust dieses Potentials hat sich Österreich bis heute nicht erholt. Einen Überblick über die Bandbreite jüdischen Lebens im Wien der Ersten Republik versucht die Ausstellung mit Hilfe einer enormen Fülle an Materialien und Informationen zu geben. So spannt sich der Bogen der anhand einzelner Ausstellungsstationen mit konkreten Ereignissen vorgestellten Personen vom konvertierten Karl Kraus bis zum chassidischen "Chortkower Rebben", dessen Begräbniszug 1933 den Leopoldstädter Verkehr lahmlegte. Unter dem Nachruf wirbt auf der Titelseite der "Jüdischen Presse" ein Perückenmacher um orthodoxe Kundinnen. Diese extrem unterschiedlichen Personenkreise hatten mit Sicherheit weit weniger gemeinsam als - zum Beispiel - der einer jüdischen Familie entstammende Josef Frank und der nichtjüdische Adolf Loos. Eine (auch Kurator Joachim Riedl bewusste) Grundproblematik ist denn auch der Mechanismus der Zuordnung zum "jüdischen" Kulturkreis auch für Konvertiten der dritten Generation wie etwa Ludwig Wittgenstein. Vollends durcheinander geht es dann aber mit den Biografien, die Ausstellung und Katalog angehängt sind. Was dort etwa Thomas und Heinrich Mann zu suchen haben, bleibt rätselhaft. Leider leidet die Präsentation auch unter einem sehr schlampigen Lektorat mit vielen falsch geschriebenen Namen und mangelhafter Rechtschreibung. Trotz allem ist die Ausstellung insgesamt verdienstvoll, äußerst informativ und ein Besuch daher empfohlen.
Mehr Texte von Iris Meder †

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Wien, Stadt der Juden - Die Welt der Tante Jolesch
19.05 - 31.10.2004

Jüdisches Museum Wien
1010 Wien, Dorotheergasse 11
Tel: +43(1) 535 04 31, Fax: +43(1) 535 04 24
Email: info@jmw.at
http://www.jmw.at
Öffnungszeiten: So-Fr 10-18, Do 10-20 Uhr, Sa geschlossen


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