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Diego Marcon. La Gola: Von Verlust und Vergnügen

In rotem Samt eingehüllt, nachhallend noch die letzten Klänge eines schweren Orgelstücks hinterlässt La Gola von Diego Marcon das Publikum in sanfter Wehmut und Ratlosigkeit. Ein Film über Leben und Tod – und den Genuss, den Verlust, der einem dazwischen in/an die Kehle geht.

Der Film La Gola von Diego Marcon handelt von den unterschiedlichen Lebensrealitäten seiner beiden Subjekte, Gianni und Rossana. In einem Briefwechsel erzählen die beiden einander detailreich von gastronomischen und gastrointestinalen Abenteuern. Gianni berichtet von einem Menü, dass sein Koch für ihn zubereitet hat. Zuppa Pavese, Lamm unter Schokoladenhaube, Torta Fedora – ein Brief für jeden Gang, eine Hymne an jede Geschmacksnote.

Rossana jedoch schildert den zunehmenden Verfall ihrer Mutter, ihre Ausscheidungen und Ausfälle und die komplette Hoffnungslosigkeit, die sich in ihrer Magengrube breitmacht. Die Briefe sind aus dem Off zu hören, während die Figuren sich minimal bewegend zu sehen sind. Gianni und Rossanas Darbietungen könnten unterschiedlicher nicht sein und weisen in ihrer olfaktorischen Präzision doch gewisse Parallelen auf. Auf der einen Seite die Völlerei, auf der anderen völlige Entsagung.

Die Puppen, die für die Figuren verwendet wurden, tragen zur unheimlichen Stimmung von La Gola bei. Sie sehen beinahe menschlich aus, aber nicht genug, um mit realen Menschen verwechselt zu werden. Die reduzierten Bewegungen im Bild wurden ebenfalls erst in der Postproduktion hinzugefügt, sie wirken beinahe affektiert, auswendig gelernt, unaufrichtig – genauso wie die Beziehung von Gianni und Rossana.

Die fast schon Speakeasy-mäßige Auskleidung in rotem Samt und die verschwenderisch schichtenreiche Orgelmusik verleiht der Austellung eine Atmosphäre von behaglicher Dekandenz; ein krasser Kontrast zum Unbehagen, dass einen bei der Thematik des Films und Anblick der Puppen befällt. Ein Schwanken zwischen Extremen. Eine leise Erinnerung an die eigene Endlichkeit. Ein Kloß im Hals.

Mehr Texte von Veronika Metzger

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Diego Marcon. La Gola
04.10.2024 - 02.02.2025

Kunsthalle Wien Museumsquartier
1070 Wien, Museumsplatz 1
Tel: +43 1 521 89-0
Email: office@kunsthallewien.at
http://www.kunsthallewien.at
Öffnungszeiten: Di-So 10-19, Do 11-21 h


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