Werbung
,

Roland Rainer 1910 - 2004

Ein nüchterner Humanist

Das noch junge Jahr hat es bislang nicht sehr gut gemeint mit der Architekturwelt. Zuerst verlor sie den erst 60jährigen Otto Steidle, in den letzten Tagen den Case-Study-House-Planer Pierre Koenig, dann Ludovico Barbiano di Belgiojoso, den 94jährigen letzten Mitbegründer des legendären Mailänder Büros BBPR. Und jetzt Roland Rainer, den letzten aus der Generation der großen österreichischen Spätmodernen.

Anfang des Jahres erst hatte er, nach einer Klage gegen die Stadt Bremen, eine schmerzliche Niederlage im Prozess um den drohenden Umbau seiner Bremer Stadthalle hinnehmen müssen. Ob sie zu retten sein wird, bleibt ungewiss. Wer Roland Rainer reden hörte, konnte kaum anders als seine nüchterne, immer vom Primat des menschlichen Verstandes und des Humanismus geprägte Sichtweise übernehmen. Seiner Bedeutung, aber auch der Unanfechtbarkeit seiner Positionen war sich Rainer stets sicher.

Seine große Popularität gerade bei jüngeren Architekten und interessierten Laien zeigte sich nicht zuletzt am zahlreichen Publikum der großen Feier seines 90. Geburtstags in der von ihm entworfenen Stadthalle. Man hätte ihm dennoch mehr Einfluss gewünscht, in Österreich und auch anderswo. Die Städte hätten nur profitieren können, von einer breiteren Anwendung seines größten Coups, des "verdichteten Flachbaus", etwa, wie er in der Siedlung Linz-Puchenau realisiert wurde. An ihr baute er bis 2000, aktuell war die Planung einer Gartenstadt in St. Pölten. Eine Art Vermächtnis ist die schöne Monografie, die Rainer selbst im letzten Herbst zusammenstellte. Bei seinen Möbeln findet gerade ein absurder Prozess der Aufwertung nach ihrer unverantwortlichen weitgehenden Entsorgung statt.

Es wird Roland Rainer wohl ähnlich gehen wie den meisten der wichtigen österreichischen Architekten: Wenn es zu spät ist, wird man sich langsam darüber klar werden, was man an ihnen hatte.

Mehr Texte von Iris Meder †

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: