Trilogie der Töchter. Kapitel I: Matriarchat: Rollenbilder in Frage
Die Kunsthalle Tirol im Taxispalais zeigt in ihrer Trilogie der Töchter das Kapitel 1 zum Thema Matriarchat, das dem patriarchalen System und seinen dominanten Ausformungen entgegenzuwirken versucht und das Verhältnis Sohn-Tochter auf den Prüfstand stellt.
Das Phänomen Tochter wird in dieser Ausstellung nicht unbedingt als geschlechtliche Komponente verstanden, sondern entgegnet allen traditionellen Sohn Vorstellungen, denen ein usurpierendes Verhältnis eingeschrieben ist. Es handelt sich vielmehr um eine egalitäre Beziehung, die eine Mutter (aber auch Tochter) zu all ihren Kindern unabhängig von Geschlecht und Gender aufzubauen versucht. Im übertragenen Sinn steht „Tochter“ hier für eine Handlungsform, um Beziehungen abseits westlich geprägter, kapitalistischer Narrative zu schaffen.
Ein Beispiel dafür bildet der Flim „Foragers“ von Jumana Manna, bei dem Sammler*innen von geschützten Wildpflanzen im Einzugsgebiet von Israel und Palästina oftmals mit Strafen und Gerichtsverfahren konfrontiert werden. Die Naturschutz-bedingte Zähmung von „Mutter Erde“ wird vor allem von einer ärmeren Bevölkerung in dieser Gegend nicht akzeptiert und in diesem Film mit fiktionalem und dokumentarischem Material als Widerstandspraxis erprobt.
Ramesch Daha folgt den Spuren ihrer Großmutter, die 1982 aus dem Iran nach Österreich flüchtete, wo ihr Sohn und ihre Enkelin bereits lebten. Auszüge aus dem Tagebuch werden von der Künstlerin in einem der Videos auf Deutsch, Farsi und Englisch rezitiert, während die Fluchtroute mit einer roten Navigationslinie nachverfolgt wird. Zeichnungen und Malereien ergänzen die Installation aus der Serie „Unlimited History,“ die vom Taxispalais eigens in Auftrag gegeben wurde.
An mehreren Wandstellen quer durch die Ausstellung befinden sich Gedichte aus dem 2023 ins Englische übersetzten Band „Phantom Pain Wing“ der südkoreanischen Schriftstellerin Kim Hyesoon, die ebenso Vergangenheit und Gegenwart miteinander verquicken und matriarchale Verwandtschaften aufspüren, etwa in „I Want to Marry My Grandma“.
Vincent Entekhabi spielt mit dem Wort „cover“ wie es in Coverversion verkommt, aber auch im eigentlichen Sinn: etwas zu verdecken. In seiner Installation rekurriert er auf das Lila Lied der Weimarer Republik der 1920er Jahre, das dem queeren Leben in Berlin gewidmet war, jedoch als Coverversion in „Sei meine Frau auf 24 Stunden“ umgewandelt wurde, um heteronormativen Vorstellungen zu entsprechen und die Praktiken einer Minderheit zu verdecken.
Naomi Rincón-Gallardo widmet sich in ihrem Video „Sonnet of Vermin“ meso-amerikanischen Kreaturen aus der Unterwelt, die als Vermin bzw. Ungeziefer Cyborg-ähnliche Auswüchse annehmen. Die Arbeit bezieht sich auf Mythen aus der Vergangenheit sowie auf gegenwärtige planetarische Zerstörungstendenzen, bei der „Motherists“ für die Rettung von „Mother Earth“ zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Alex Martinis Roe forciert in ihrer Mehrfachvideoinstallation “To Become Two” Tochterbeziehungen zwischen feministischen Generationen, sei es bei einem internationalen Workshoptreffen in Berlin, oder anhand von Geschichten feministischer Praxis in Italien der 1990er oder Sydney der 1970er und 80er Jahre.
Die Ausstellung zeigt anhand unterschiedlicher Zugänge eindrücklich, wie Tochter-Sein als mentale Komponente ins Spielfeld gebracht werden kann, um handlungsorientierte Zugänge zu schaffen, die einen Bruch mit historisch tradierten Rollenbildern rund um einen männlich geführten Staffellauf herbeiführen.
17.05 - 18.08.2024
Taxispalais Kunsthalle Tirol
6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Str. 45
Tel: +43 512 594 89 401
Email: info@taxispalais.at
http://www.taxispalais.art
Öffnungszeiten: Di-So 11-18, Do 11-20 Uhr