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Der doppelte Blick: 10x 2x schauen

Kunst soll nicht gesehen, sondern wahrgenommen werden. Ausgehend von diesem Postulat haben die drei KuratorInnen Alexandra Wacker, Gabi Trinkaus und Michael Goldgruber 10 Positionen im Palais Thurn und Taxis versammelt. Der zweite Blick soll die Betrachter wieder für das hinter der Oberfläche Liegende sensibilisieren. Die interessanteste Position dieser Ausstellung ist bei Katrina Daschner zu finden. Ihre unheimlichen, aberwitzigen Farbfotos fordern genau diesen zweiten Blick. Eine maskierte Frau bewegt sich in der Natur, entblößt ihr Hinterteil und verrichtet ihre Notdurft (oder doch nicht?). Die Person im Bild wirkt durch eine Maske wie eine Comicfigur, und die Bilderabfolge funktioniert wie ein menschlich belebter Comicstrip. Daschner schafft sogar das Kunstwerk, mit grünlichem Teint in einem Gesicht mit rotbraunem Bart, dazu die charakteristische Nase, das exponierte Ohrläppchen samt Todessehnsucht einen subtilen Nachhall auf ein Van-Gogh-Selbstbildnis zu kreieren. Shooting-Star Anna Jermolaewa ist mit zwei Arbeiten vertreten. Das Video "Crashtest" zeigt ein Spielzeugauto, das immer wieder vor und zurück fährt und dabei animalische bis beseelte Bedrohlichkeit verbreitet. Für Jermolaewa ungewöhnlich süßlich ist die zweite Arbeit, die junge Leute beim schummrigen Befruchtungswalzer zeigt. Allerdings erkennt man auf den zweiten Blick, dass es sich um End-Zwanziger handelt, die beim fröhlichen Schmusen auf Teenager machen. Alexandra Wacker erweitert als einzige Vorarlbergerin ihre perfekte Malerei durch filmschnittige Eingriffe. Felix Malnig persifliert nach Roy Lichtenstein die Pixelverliebtheit. Gabi Trinkaus leistet einen Beitrag zur Gender-Debatte: eine coole Männerpose konfrontiert sie mit weiblicher Intimität in erotischer Kulinarik. Michael Höpfner beschwört mit Skizzen und Fotos den Bubentraum von Karl May. Katrin Plavcak stellt in einem klassischen Tafelbild eine Bettszene mit Guevara dar. Bei Esther Stocker stellt sich die Frage, ob der Betrachter vor den Gitterlinien des Bildes selbst oder der Bildgrund hinter Gitter sind. Materiale Ausnahmeerscheinung ist eine Computeranimation von Michael Goldgruber: Sie zeigt eine TV-Fernbedienung plus zappender Hand als Metapher für die scheinbare Wahlfreiheit im medialen Zeitalters.
Mehr Texte von Wolfgang Ölz

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Der doppelte Blick
03.04 - 09.05.2004

Künstlerhaus Palais Thurn und Taxis
6900 Bregenz, Gallusstraße 10
Tel: +43 (0) 55 74 / 427 51, Fax: +43 (0) 55 74 / 440 29
Email: bvkv@kuenstlerhaus-bregenz.at
http://www.kuenstlerhaus-bregenz.at
Öffnungszeiten: Di-Sa 14-18, So 10-12, 14-18 h


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