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Substanz: Kunst und Leben

Seit dem ersten November widmet sich das Künstlerhaus in der von Esther Hladik und Christian Bazant-Hegemark kuratierten Ausstellung „SUBSTANZ“ ganz dem gesellschaftlichen Engagement in der Kunst. Es wird in den Vordergrund gestellt, wie Kunst und Leben zusammenwirken und wie sich gesellschaftliches Handeln, Kunstproduktion, persönliche Herkunft und subjektive Erfahrung dabei vermischen. Mit dem Künstlerhaus, das sich auch als Ort des Dialoges versteht, scheint die Ausstellung mit ihren zahlreichen Fragestellungen einen perfekten Raum des Diskurses gefunden zu haben.

Beim Betreten des ersten Raumes sticht ohne Zweifel die eigens für die Ausstellung konzipierte Wandarbeit von Ines Agostinelli hervor. Die ephemere, organische Struktur, die sich vom Boden bis zur Decke emporzieht, scheint dabei aus der Wand hervorzutreten und die anderen Arbeiten der Künstlerin zu umkreisen. Ebenso dominierend finden sich die vierteilige abstrakte Malerei auf Papier („Troubled Waters, 2023“) von Veronika Dirnhofer und davor die Skulpturen aus recyceltem Kunststoff von Julian Jankovic wieder. Die bunten Plastiken, die in ihrer Optik und Struktur an dick aufgetragene Ölfarbenreste auf Malerpaletten erinnern, lassen kaum vermuten, dass die großformatige, gegenstandslose Arbeit an der Wand sowie die Sitzgelegenheiten aus Kunststoff, die uns in den weiteren Räumen der Ausstellung noch begegnen werden, von ein und demselben Künstler stammen. Dass Jankovic sich mit dem Thema des Recyclings von Kunststoff beschäftigt, wird auch beim genauen Betrachten der zweidimensionalen Arbeit „Öl auf Luftpolsterfolie“ (210x160 cm) bewusst, wo Material und Farbe dem Bild eine ganz eigene Haptik verleihen.

Geht man weiter in den zweiten Raum, so erschließt sich die Thematik der Ausstellung spätestens durch Christoph Schwarz‘ gesellschaftskritische Aktionen „Cabriobeet“ und „Kreiskartoffel St. Marx“ (beide 2021), die durch zwei Videoarbeiten und ein kleines Miniaturauto dokumentiert werden. Um auf die Vorherrschaft des Autos und den durch das Auto verlorengehenden Stadtraum hinzuweisen, schuf der Künstler sein „Cabriobeet“, das ein Hochbeet zum Gärtnern und Treffpunkt des Austausches zugleich ist. Auch mit dem Projekt „Kreiskartoffel St. Marx“ macht der Künstler auf gesellschaftspolitische, ironische Art und Weise auf das Nutzbarmachen von Flächen aufmerksam. Johannes Wiener wiederum konzentriert sich in seiner teils durch Kollaborationen geprägten Arbeitsweise auf die Gestaltung biodiverser Kulturlandschaften, die sich in den in der Ausstellung vertretenen zwei- und dreidimensionalen Arbeiten manifestiert. So hinterlassen die fragmenthaften Erdbilder und Fundstücke aus der Natur Spuren auf seine Tätigkeit als Gärtner.

Der dritte Raum legt seinen Fokus auf Interaktivität und neue Medien. Neben dem von Jung Hsu und Natalia Rivera mit dem Goldenen Nica des Ars Elecronica Festivals 2022 ausgezeichneten Projekt („Bi0film.net: Resist like bacteria, 2022“) findet sich das interaktive Videospiel von Georg Hobmeier wieder, das die beeindruckend illustrierte Geschichte von fünf Migrant:innen in Europa erzählt.

Einen eigenen Raum widmet das Kurator:innenteam Laurent Ziegler, der in seiner Serie „Die Erinnerung an meine Kindheit, 2018-2021“ und dem 2020 erschienenen, gleichnamigen Buch traumatische Ereignisse dieser Zeit aufarbeitete.
Das Titelsujet der Ausstellung „Wrath aus der Serie 7Sin5, 2023“ von Florine Imo wird neben einer weiteren raumgreifenden Arbeit der Künstlerin im sechsten Raum präsentiert. In ihren Malereien und Skulpturen erforscht Imo verschiedene Aspekte von Weiblichkeit, die sich in Tieren und Figuren mit animalischen Zügen manifestieren. Im Kontrast dazu stehen die großformatigen Malereien der amerikanischen Künstlerin Brittany Tucker, die sich mit Rassismus und der stereotypen Darstellung von Afroamerikaner:innen beschäftigt. Zum längeren Verweilen in der Ausstellung lädt die Videoarbeit „Beauty is Life, 2020“ von Jovana Reisinger ein. Die deutsche Schriftstellerin, Regisseurin und Künstlerin setzt sich in ihrem Kurzfilm mit dem weiblichen Körper, Schönheitsidealen und Sexualität auseinander.

Alles in allem bietet die Ausstellung, die noch bis zum 9. Februar 2025 im Künstlerhaus zu sehen ist, mit ihren vielfältigen Facetten, Fragestellungen und ihrem Rahmenprogramm einen spannenden Ort des Diskurses.

Mehr Texte von Désirée Hailzl

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01.11.2024 - 09.02.2025

Künstlerhaus Vereinigung
1010 Wien, Karlsplatz 5
Tel: +43 1 587 96 63
Email: office@kuenstlerhaus.at
http://www.kuenstlerhaus.at
Öffnungszeiten: täglich 10-18 h


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