Werbung
,

Shintaro Miyake - Innocy`s House: Leben als Plüschkürbis

Es sitzt in seinem Häuschen. Man kann es durch eine Fensterscheibe anschauen und sieht, wie es lebt - zwischen Mineralwasserflaschen, einem Farbstiftkasten, einer Wand voll Postkarten und einem Fernseher. Ungefähr menschengroß, weiß und plüschig, wirkt es äußerst freundlich, obwohl sein Gesicht nur ein kleines rechteckiges Loch in einem großen kürbisähnlichen Kopf ist. Das Wesen heißt Innocy und zeichnet. Am liebsten Miss Sweet, seine imaginäre Gefährtin, die ein bisschen menschenähnlicher und sehr kokett ist, aber ebenso nett und gleichzeitig ebenso eigenartig. Innocy ist die für die Dauer der Wiener Ausstellung angenommene Identität des 1970 geborenen Shintaro Miyake, der im Innocy-Outfit auch die Straßen von Wien und Kyoto unsicher macht. Sein Umgang mit der japanischen Comic-Kultur ähnelt dem von Yoko Yamamoto, die mit ihren gehäkelten Puppen die Vermarktungsindustrie von Pokémon & Co. beim Wort nimmt und sie so aus ihrer Anonymität hebt. Shintaro Miyake teilt deren subversive Liebe zum Inoffiziellen, dem offensiv Netten, Lieblichen, aber in seiner Abseitigkeit zugleich Verstörenden. Entsprechungen finden sich auch in der eklektizistischen japanischen Popmusik rund um Yasuharu Konishis Pizzicato 5 und Fantastic Plastic Machine, wie überhaupt Miss Sweet eine enge Verwandte von Sängerinnen wie Maki Nomiya und Kahimi Karie zu sein scheint. Dazu passt auch das kindliche Medium der Buntstiftzeichnung, das sich Miyakes Bewunderung für die Gugginger Künstler verdankt, mit denen er kürzlich eine Zeichen-Session veranstaltet hat. Eine gewisse Verwandtschaft, auch in der Interaktivität (Innocy beantwortet an ihn gerichtete Postkarten), besteht auch zum multimedialen Wiener Club- und Aktionismus-Kollektiv H.A.P.P.Y, das Charaktere wie Kacka, das verstoßene Teletubbie kreiert und über Jahre hinweg begleitet. Auch hier werden die Grenzen der Kunst obsolet und verwischen sich mit Populärkultur, Selbstinszenierung und viel Ironie. Innocy, we love you.
Mehr Texte von Iris Meder †

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Shintaro Miyake - Innocy`s House
21.02 - 03.04.2004

Krinzinger Schottenfeld
1070 Wien, Schottenfeldgasse 45
Tel: +43 (1) 512 81 42
Email: krinzingerprojekte@gmx.at
http://www.galerie-krinzinger.at/projekte
Öffnungszeiten: Mi-Fr: 15-17h
Sa: 11-14h


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: