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Auch Künstler sind arbeitslos

Die deutsche Monatszeitschrift "Die Kunstzeitung" hat es gern kalt/warm. Headline auf der Seite 1 "Neuer Auftrieb in den Galerien - Kunstmarkt-Krise überwunden". Wir erfahren, dass das Geschäft mit zeitgenössischer Kunst wieder läuft, das Messegeschäft boomt, die Leader-Galeristen Kohle machen, auch wenn "manches Milliönchen vom Auktionshandel abgesaugt wird". Man liest es, atmet befreit auf und beschließt schnell die Ärmel aufzukrempeln, um ja nicht das große Geld zu versäumen. Allerdings hätte man nicht bis zur Seite vier lesen sollen. Dort kündigt sich unter der Headline "Arbeitslos in Wien - Künstlerschicksal: Kaum Geld, kaum Kundschaft, kaum Hoffnung" die kalte Dusche an. Allein in Wien gibts 2000 arbeitslose Künstler. Und selbst die überwundene Kunstmarktkrise in Deutschland kann nicht verhindern, dass sich die Arbeitslosenzahl der bildenden Künstler in den letzten 8 Jahren verdoppelt hat. Aber bleiben wir in Österreich - bleiben wir in Wien. Zwei Kunstuniversitäten bildeten über die Jahre und bilden noch immer ziemlich viele Kunststudenten und Kunststudentinnen aus. Ziemlich viele heißt viel zu viele. Für den Kunstmarkt, für die Galerienszene, fürs Geldverdienen mit der selbst produzierten Kunst. Das ist aber den verantwortlichen Politikern und den ausbildenden Institutionen samt deren Professoren ziemlich wurscht. Hauptsache es gibt für Letztere dank genügend vorhandener Rechtfertigungsstudenten - also der Notwendigkeitsbeweis für zwei Kunstuniversitäten in Wien - ein ausreichendes Salär. Was lernen/erfahren nun die zu zahlreichen Studenten und -innen auf den beiden Kunstunis? Sie erfahren dort ein bissl was über Kunstgeschichte, ein bissl was über Materialkunde, ziemlich viel über die Freiheit der Kunst und des Künstlers samt elitärer Position in der Gesellschaft. Dann verklickert man ihnen noch, dass der Kunstmarkt meistens pfui und in Wirklichkeit kunstbedrohend ist und hin und wieder auch ein paar handwerkliche Notwendigkeiten, z.B. wie und warum die Farbe auf der Leinwand hält, und wie Dramaturgie in einem Video funktioniert. Was sie nicht lernen, sind z.B. Marketingstrategien. Oder ein fundiertes Chancen- und Riskenmanagement. Wie verkaufe ich mich selbst an wen und womit. Und was man den in Überzahl ausgebildeten Studenten leider immer verschweigt, ist die Tatsache, dass der Kunstmarkt nur die cleversten Künstler mit einem erstrebenswerten Lebens-Einkommen belohnt. Aber vielleicht haben die Kunstuniversitäts-Räte demnächst ein Einsehen und überzeugen die Verantwortlichen, dass eine realitätsferne Ausbildung zu magistralen Künstlern nur deren Arbeitslosenzahl samt Dunkelziffer erhöht.
Mehr Texte von Manfred M. Lang

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