Werbung
,

Gudrun Kampl - bodydouble: Kuschelmonster küßt man nicht

Was für Meret Oppenheim der Pelz war oder für Helene Chadwick das Haar, ist für Gudrun Kampl fleischrosa Samt. In seinem berühmten Aufsatz über den Fetischismus verbindet Sigmund Freud Pelz und Samt mit dem Anblick des mütterlichen Schamhaares. Die Wahl einer Farbe oder eines Materials ist aber auch eine Frage des persönlichen Geschmacks. Und Geschmack gilt wie wir wissen heute auch als Mittel der Distinktion, das - Pierre Bourdieu zufolge - in unserer Konsumgesellschaft für die Konstitution von Identität sorgt. Im Fall von Gudrun Kampl fällt die Wahl auf fleischrosa Samt. Aus ihm formt sie menschliche Organe, um die Metaphorik des fragmentierten weiblichen Körpers erneut schonungslos dem Seziermesser zu unterziehen. Das Mass aller Skulpturen ist der eigene Körper, dem die Konturen von Reliquienschreinen folgen oder der als gehäutete Hülle von der Wand hängt. Man trifft auf ein verlockendes und zugleich verstörendes Panoptikum, das zwischen sinnlicher Ästhetik und verletzendem Habitus schwankt. Verdächtig stark orientiert sich Gudrun Kampl an Frauenbildern, wie sie bereits in Werken von Louise Bourgeois, Annette Messager oder Kiki Smith auftauchen. Allerdings bewirkt die dramatische Zuspitzung weiblicher Ironie im Werk Kampls einen allzu theatralischen Nebeneffekt. In ihrer Kuscheltier-Serie nimmt der Samt die kuriose Gestalt von verstümmelten Stofftieren an. Wie im Laborversuch unter Glas gestülpt oder unter dem Umhang der \Schutzmantelmadonna\ Zuflucht suchend, werden sie zu Opfern von Gewalt. Gudrun Kampls Versuch gesellschaftliche Verdrängungen zu entlarven, erfaßt hier das libidinöse Verhalten eines Kleinkindes, das sich mit aggressiven Attacken an seinen Kuscheltieren austobt. Der Tabubruch mit dem dabei spekuliert wird, bleibt jedoch aus.
Mehr Texte von Ursula Maria Probst

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Gudrun Kampl - bodydouble
23.11.2001 - 18.01.2002

Kunsthandel Steinek
1010 Wien, Elisabethstraße 24
Tel: +43 1 512 87 59, Fax: +43 1 512 87 59
Email: galerie@steinek.at
http://www.galerie.steinek.at
Öffnungszeiten: Di-Fr 11-18, Sa 11-17


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: