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Joseph Kosuth | Korrektur (Uncorrected): Joseph Kosuth kontert Bernhard, Freud und Wittgenstein

Die Christine König Galerie zeigt seit dem elften Mai in ihren Räumlichkeiten in der Schleifmühlgasse eine Ausstellung des amerikanischen Konzeptkünstlers Joseph Kosuth. Unter dem Titel „Korrektur (Uncorrected)“ präsentieren sich sowohl aktuelle Arbeiten als auch Werke aus den 80er- und 90-Jahren, die in ihrer Gesamtheit einen visuell charmanten, konzeptuell durchdachten und textuell gestalteten Rundgang bilden.

Beim Anblick der Werkserie „Korrektur (Uncorrected), 2023“ im ersten der drei Ausstellungsräume manifestiert sich eine Gesamtkomposition der visuellen Poesie, die in ihrer Bildsprache nicht stimmiger sein könnte. Über dem Bildgrund der zu zwei Triptychen angeordneten Werkgruppen tänzeln die für Kosuth typischen, aus Lichtkonturen gestalteten Schriftzüge über die fiktiven Buchseiten an der Wand. Linker Hand zeigt sich das Triptychon aus den sich wiederholenden Wörtern idea, denken und gemeinen; rechter Hand kontern die drei Bildtafeln mit den Begriffen light, pages und subject. Durch die zum Eröffnungsabend abgedeckten Fenster und die dunkelgraue Wand scheinen die leuchtenden Schriftzüge sich nicht nur zu bewegen, sondern gar zu trippeln, schlingern und sich von den Wandbildern zu lösen und ins Räumliche zu erheben. So steht man einer Gesamtkomposition gegenüber – wie man es von Joseph Kosuth kennt -, die auratischer und fesselnder nicht sein könnte und den Besucher in den Bann dieser Ausstellung zieht.

Verlässt man nun den ersten, auf Thomas Bernhards Roman „Korrektur“ (1975) bezogenen Raum, so begibt man sich weiter auf eine Reise, die sich als Korrektur zu Freuds Schrift über den Fetischismus versteht. Dabei verwendet der Künstler – wie für ihn typisch – die Wand als Bildfläche, auf dessen Grund er Freuds Schrift in einem Bilderrahmen platziert und mit Lichtkonturen seine Korrekturen und Anmerkungen hinzufügt. Dem gegenübergestellt finden wir diesmal eine Steigerung der Arbeiten im ersten Raum, die noch die Semantik des Wortes selbst ins Bildhafte zu transformieren vermag. Wir sind nun im zweiten Triptychon mit den durchgestrichenen Wörtern discharge, lege artis und conversion (mittlere Wand) und dem philosophischen Satz But why is this consolation so nonsensical? (rechte Wand) konfrontiert.

Diese Transformation vom Bildhaften zum einfachen Schriftzug (vom ersten zum zweiten Raum), der mit und für sich an der Wand steht, sich vom Bild löst und für sich selbst spricht, lässt sich mit Ludwig Wittgensteins Zitat aus dem Tractatus Logico-Philosophicus (1922) beschreiben: „Jedes Bild ist auch ein logisches. (Dagegen ist z.B. nicht jedes Bild ein räumliches.)“ In den Arbeiten im ersten Raum beschäftigt sich Joseph Kosuth noch mit der Semantik und versucht, diese ins Räumliche zu transformieren. Im zweiten Raum löst er sich vom Bildhaften zur Schrift und im dritten Raum, dem „Wittgenstein-Raum“, sehen wir uns mit einer weiteren Ebene, der Bildsprache, der Ikonografie konfrontiert, die so vielfältig, mehrdeutig und feinfühlig wie die gesprochene Sprache ist. Und genau diese Diversität, Ambiguität und Komplexität ist es auch, was Kosuths Œuvre auszeichnet.

Mehr Texte von Désirée Hailzl

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Joseph Kosuth | Korrektur (Uncorrected)
11.05 - 29.07.2023

Christine König Galerie
1040 Wien, Schleifmühlgasse 1a
Tel: +43-1-585 74 74, Fax: +43-1-585 74 74-24
Email: office@christinekoeniggalerie.at
http://www.christinekoeniggalerie.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 12-18h
Sa 12-16h


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