Liam Gillick - Berge? Welche Berge?: Eine Parabel
Es finden sich einige interessante Definitionen in Liam Gillicks Essay zu seiner Ausstellung Mountains? What Mountains? in der Galerie Meyer Kainer. Eine davon ist: Ein Künstler bestätigt sich selbst als Künstler wieder und wieder dadurch, Kunst zu machen. Dies aber schließe sie oder ihn von der Philosophie aus. Als Philosophie wird hier im weitesten Sinne der die Kunstproduktion umgebende Diskurs verstanden, also kunsttheoretisches und -kritisches Denken, Sprechen und Schreiben. Gleichzeitig würde der Diskurs als Quelle und Flussbett der künstlerischen Produktion diese immer automatisch für sich vereinnahmen. Kein Künstler also agiere außerhalb des Diskurses. Das ist die zweite Definition. Gillick, scheint es, führt die beiden konkurrierenden Positionen auf, um sich von beiden abzugrenzen. Die Haltung, die er für sich vereinnahmt ist: die zeitgenössische Kunst zeichne sich gerade durch die Unentscheidbarkeit ihrer Zuordnung aus. Sie passiere dort, wo sie nicht genüge und nicht ankomme. Das ist die totale Ablehnung einer Idee vom Meisterwerk, und steht doch auch in merkwürdiger Kontinuität zur modernistischen Idee der Avantgarde, einer sich selbst ständig überwindenden Kunst. In analytischem Tonfall wird eine Kategorie beschrieben, die ausfranst, überlappt, verschiebt, als Kategorie also keine greifbaren Parameter hat.
Offensichtlich prägt gerade ein Künstler wie Gillick den Diskurs, unbestreitbar. Allein der Nebensatz, dass sein Essay in der Zeitschrift The Philosopher veröffentlicht wurde, genügt als Argument. Aus seinem vielfältigen Wirken als bildender Künstler und Theoretiker spricht eine lebenslange Auflehnung gegen eingrenzende Zuschreibungen. Ob es Gillick aber nur darum geht, Aussagen über die Kunst zu machen, oder er sie als Rahmenerzählung gebraucht für eine Analyse der Produktionsbedingungen auch über die Kunst hinausgehend, ist stark anzuzweifeln. Er selbst liefert mit einem grauen Spannteppich, industriellen Fertigbauteilen und Stellenbezeichnungen die nötigen Vokabeln für eine parabolische Übertragung ins außerhalb der Kunst stehende, von ihr aber völlig vereinnahmte Milieu ökonomischer Institutionen, des Kapitalflusses, der Abstraktion der Welt in Klassen und Funktionen.
28.04 - 30.06.2023
Galerie Meyer Kainer
1010 Wien, Eschenbachgasse 9
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