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Kurt Kalb 1935-2022

„kenner der literatur, entlegner wie volkstümlicher, sammler, normadisches enfant terrible unterschiedlicher gesellschaftsklassen“ - als Peter Weibel und Valie Export 1970 daran gingen den Wiener Aktionismus in ihrem Schwarzbuch eine erste „unvollkommene skizze“ zu widmen, fanden sie für Kurt Kalb eine kurze wie bemerkenswerte Darstellung.
Was wäre aus dem jungen Wiener Kunstbetrieb der späten 1960er und 1970er Jahre geworden, ohne Kurt Kalb, dem Kunsthändler und Freund vieler, deren Kunst und Leben er nicht nur finanziell unterstütze, er war tatkräftig Teil davon.

Seit Anfang der 1960er hatte der junge Mann aus Salzburg in einem Seitentrakt des Palais Schwarzenberg einen Kunsthandel betrieben, betrachtet man Christian Skreins diesbezügliche fotografische Dokumentation, muss es sich dabei eher um ein wildes Sammelsurium an Möbeln und Flachware gehandelt haben. Doch wo immer sich die Szene umtat, Kalb war dabei. Man traf sich im Hawelka, oder in der Wohnung von Ingrid und Oswald Wiener und als im April 1967 während des Zock-Festes das Veranstaltungslokal in der Lerchenfelderstrasse im Chaos versank, spielte Kalb Knödel und Sonstiges werfend eine aktive Rolle, ebenso in Künstlerfilmen wie Christian Ludwig Attersees „Gruß Attersee“. Auch bei legendären Reisegesellschaften war er mit von der Partie. Im Kreise von Wiener, Nitsch, Attersee und anderen machte am sich im Winter 1967 in Kalbs VW-Bus zu einer Deutschlandreise nach Hamburg und Berlin auf, wo man die dortigen Szenen etwas aufmischte, 1970 gehörte er zur Vorhut des Filmprojektes „Uganda tomorrow“ für das später rund 100 Künstler auf den schwarzen Kontinent reisen sollten. Auch der Briefkopfentwurf für das unvollendete Projekt soll dem Vernehmen nach von der Hand des Händlers stammen.

In Ermangelung an Galerien, die neben der Galerie nächst St. Stephan international wahrgenommen wurden, ließ sich Kalb schließlich 1972 in der Grünangergasse 12 auf das Abenteuer Avantgarde- Galerie ein, bei der wiederum die Künstler Bruno Gironcoli, Walter Pichler, Arnulf Rainer, Attersee und der im Berliner Exil lebende Günter Brus eine aktive Rolle spielten. Georg Baselitz hatte hier beispielsweise sein Österreich- Entrée. Als nach vier Jahren und 20 Ausstellungen die Galerie ihre Pforten schloss, blieb Kalb weiterhin im Handel tätig. Als die ehemalige Mitarbeiterin Teresa Hohenlohe 1999 übernahm und ihre Vorstellungen eines zeitgenössischen Galerieprogramms umzusetzen begann, firmierte dies noch bis 2006 unter „Hohenlohe & Kalb“. Da hatte sich eine andere Namenskombination, „Oswald & Kalb“, das in der Szene beliebte Wirtshaus, das er 1979 gemeinsam mit der Kunsthistorikerin Evelyn Oswald eröffnet hatte, längst etabliert.

„Mein Interesse für die Avantgarde hat mir geschäftlich oft geschadet, aber ich bin lieber mit der jungen Elite zusammen als mit den Pfeffersäcken“, gab der Kunsthändler im Zusammenhang mit der Eröffnung der Galerie in der Grünangergasse 1972 zu Protokoll. Was aus all den jungen Talenten, in deren Umfeld sich der Freund und Förderer bewegte, geworden ist, ist vielfach Teil der neueren österreichischen Kunstgeschichte. Nun fünfzig Jahre später ist Kurt Kalb, der die letzten Jahre zurückgezogen im Niederösterreichischen Oed gelebt hat, gestorben.

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Abbildung: Kurt Kalb, 08 12 2016, Wiesenburg, Foto © Markus Mittringer 2016

Mehr Texte von Daniela Gregori

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